zurück zur Briefübersicht |
|
||
AN GUSTAVE FECHT |
|||
Liebste Jungfer Gustave! [Oktober 1793] Rathen Sie, was ich thue. Bier trinken? Nein. Taback rauchen? Nein — Hanf reitteln? Oho! in der Residenzstadt und noch dazu am Sonntag, unser Lebtag nicht. Oberländer Wein trinken auf Ihre Gesundheit: Ja! Das thu' ich. Wenns an einem Sonntag schön Wetter ist, und ich nur halbwegs glaube, daß iemand von Lörrach nach Weil komme, so laß ich mirs nicht abkauften, daß ich nicht in den Keller gehe, und auch mein Gläslein mittrinke, und mein unmasgebliches Ja oder Nein zu dem gebe, was ich denke, daß diesen Nachmittag droben abgehandelt wird. Zum Exempel heute ist meiner Vorstellung nach die Rede davon, ob sich die Jungfer Gustave auf die Basler Messe auch so einen schönen Hut kaufen soll, wie die Frau Speciälin einen von Karlsruhe mitgebracht hat. Der Herr Bergmann meint: Ja, ich auch, der Hr. Prorektor auch. Ferner ob sie die Haare vornen an der Stirne, und an den Seiten sollen abstutzen lassen? Wiederum Ja. Aber die Frau Mama will nicht. Also unterbleibts für dismal. Sonst wird auch noch vom Mostsieden, Hecheln, Krautschneiden, Erbsensetzen geredet, aber das sind Haushaltungssachen, die ich nicht verstehe. Ich kann nichts als Schwarzwurzeln säen, und das schlecht genug. Die vorige Woche war ich in Rastadt, in Gagenau auf der Glashütte, in
Gernsbach, in Baden bei der Grosmutter blieb ich 1 1/2 Tag. Ferner war ich
in einer Erzgrube und weiter oben bei Bühl in einem tiefen, tiefen
Steinkohlenbergwerk, wo ich einmal wegen den dicken Schwefeldünsten und
Mangel an Luft wider zurückmuste, um nicht zu ersticken, bin aber doch
wieder hinein und bis ans Ende. Frölich der mich begleitete hielts besser
aus. Unterhalb Bühl kam ich an der Oberländer Landstrasse hinaus. Ach wie
es mir da zu Muth war? Wie alle Freuden des Oberlands in meiner Seele
aufwachten! Aber was half mirs auf der Strasse zu sein, mein Weg ging
wieder hinabwärts. Schwer beladen mit 4 Säcken voll Erz und Steinkohlen
und Kieseln kam Also wieder einmal geklagt, wieder die alte Leyer! werden Sie denken, und den Brief überdrüssig wegwerfen. Lassen Sie ihn immerhin liegen, wo Sie Ihn hingeworfen haben, es kommt nichts Wichtiges mehr nach. Sollten Sie ihn aber doch wieder aufheben, (denn ich weiß, daß der Zorn gewöhnlich bald bei Ihnen vorüber geht) so nehmen Sie noch die Versicherung an, daß ich mit den hochachtungsvollsten Gesinnungen ohne Unterlaß verharre Ihr gehorsamster Dr. Hebel |
|||
zurück zur Briefübersicht |
|