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AN JOHANN DANIEL FALK

   

Verehrtester Herr und Freund!                            Karlsruhe d. 24sten April 1805

Später, als sichs geziemte, schreibe ich Ihnen, zumal da ich, verzeihen Sie es mit, doch noch leer komme. Sie haben mir durch die Nachricht von der Jenaischen Recension der allemannischen Gedichte und durch das Zeugnis Ihrer eigenen Zufriedenheit mit denselben eine große Freude gegönnt. Empfangen Sie dafür meinen herzlichen Dank. Auch der Wink, den Sie mir von dem sentimentalen Einfluß einer schwermüthigen Stimmung auf einige dieser Gedichte geben, ist mir als Beweis von Ihrem Interesse dafür und von Ihrem Wohlwollen gegen mich sehr schätzungs- und dankenswerth. Sie sind ein Mann von heiterer und frölicher Laune, die Ihnen der Himmel erhalten möge, und ich kann mir daraus wohl erklären, welche einzelnen Stellen und ganze Gedichte Ihnen zu schwersinnig scheinen mögen. Aber bester Mann, es ist in Allemannien wie vermuthlich in Thüringen auch nicht lauter Sonnenschein, zumal in den Kreisen in welchen sich diese Muse bald erheiternd, bald unter Scherzen belehrend, bald warnend und tröstend bewegen wollte. Andere Leser lieben doch auch wieder einzelne dunkle Schattenzüge zwischen den hellen Farben, und es gehört wohl mit zur Einrichtung der Dinge, daß nach seiner eigenen Stimmung der eine Schriftsteller die frölichen Gemüther wieder auf Augenblicke zu ernsten Gedanken und Gefühlen sammle, und der andere die ernst gewordenen wieder durch fröliche Ansichten und muntere Schwanke auf heitere und den Trübsinn löse. Nimmt nicht auch in der wirklichen Welt, von welcher unsere poetische doch immer nur das Abbild im verklärenden Spiegel seyn soll, Schmerz und Freude, und Hoffen und Fürchten das Herz in wechselseitigen Anspruch so lange es schlägt, und ists nicht gedeihlicher so?

Gerne hätte ich Ihnen für das Taschenbuch des künftigen Jahres etwas Interessantes beylegen mögen. Ich hatte dafür einen Theil unserer Frühiahrsferien bestimmt. Allein diese wurden mir durch eine Reise, die nicht in meinem Plan gewesen war, ausgefüllt, und ietzt sind nicht nur die regelmäßigen Geschäfte, sondern neben ihnen eine unvorhergesehene Zugabe wieder da von der Art, die nicht nur viele und die beste Zeit wegnehmen, sondern auch für die übrige alle gute Laune verstimmen. Ich möchte Ihnen nicht zumuthen, etwas nur mittelmäßiges in eine Sammlung auf zunehmen, zu der sich Ihr Name bekennt, und die so viele geschmackvolle Leser hat, und keinen Ballast darein liefern. Lassen Sie mich durch diese Umstände und die damit verbundene Befanglichkeit bey Ihnen entschuldigt seyn, und gönnen Sie gleichwohl Ihr ferneres schätzbares Wohlwollen

Ihrem ergebensten Dr und Freund    J. P. Hebel             

 

 

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