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AN SEBASTIAN ENGLER

   

[3./7. Juni 1805]      

Am Pfingstmontag — geschlossen am Pfingstfreitag.      

Helfen Sie mir, lieber Freund und Erzengel, aus einer Verlegenheit heraus, ich will Ihnen gern dafür in eine hinein helfen. Was soll ich nun mit euerm Statthalter anfangen? Die dritte Ausgabe der allem. Gedichte ist vor der Thüre, oder vielmehr vor dem Setzerkasten und der Presse und soll in allen mit Grund getadelten und angefochtenen Stellen wo nicht besser, doch anderst, ja schlechter werden. Gern will ich nun den alten Statthalter auf meine Kosten zu St. Elsbethen, wiewohl ich ihn gerne dort liegen ließe, herausgraben und an einen andern Ort bringen lassen. Aber wohin? Lebendig kann ich ihn nimmer machen, das ist vorbey. Aber eines natürlichen Todes sterben lassen auch nicht. Denn das kann für's Erste nur Gott. Zweitens ist's, wenn wir es thun, gemein und fast prosaisch. Durch ein Unglück muß er aus der Welt kommen, wie sein Typus, der brave und verkannte König Saul. Aber durch welches? Soll ihn eine Schlange stechen, oder ein Fischgrat im Hals ersticken, oder soll ihn der Vogt von Rai[t]bach im Duell erlegen? Es stehen allerdings viel Wege offen:

Facilis descensus averno
Noctes atque dies diri patet janua Ditis,

aber eben die Wahl thut einem weh.

Ich möchte wohl sagen, es habe ihm

Zwische Tag und Nacht e Dinkelberger e Schutz ge,
 's seig e Wildschütz gsi vo Nolligen oder vo Eichsel.

Aber dann könnte Verdacht auf den Friedli fallen, daß er ihn durch einen Getreuen von der ehemaligen Bande aus dem Wege geschafft habe. Und mir ist an dem unbescholtenen Ruf meines Statthalters so viel gelegen, als der jetzt regirenden Frau Statthalterinn an dem unbeschriecnen Andenken ihres Vaters, wiewohl ich auch dieses in Ehren halte und retten will. Er muß also durch ein Accidens umkommen, das in keines Menschen Gewalt steht, die meinige ausgenommen, und da dächte ich nun so:

— — — bis no Micheli si Vater
z'Wil dur d'Wiese ritet (er het e Wage voll Wi g'chauft).
Groß isch's Wasser gsi, und finster, wo sie derdur sin,
und chunt usem Weg, und 's tribt en aben und abe,
bis er abem Choli fallt und nümmen an's G'stad chunt.
An der Schore-Bruck dort hen sie 'n mornderigs g'funde.

Ich habe bei dieser Veränderung die einzige Besorgniß, da ich den eigentlichen Unglücksfall von dem Vater der jetzigen Frau Statthalterinn nicht kenne, ob dieser neu fingirte nicht mehr Aehnlichkeit damit habe als der alte. Sie müssen's wissen. Schreiben Sie mir's, wenn Ihnen etwa binnen 14—18 Tagen eine freie Stunde und eine gute Laune coincidiren. Ich möchte gerne in der dritten Auflage von allen Seiten klaglos und gerechtfertigt erscheinen, und es in der Vorrede dazu nicht umsonst selber rühmen, und was Sie hieran oder sonst dazu durch angelische Winke beitragen können, thun Sie gerne und ich nehme es dankbar an.

Es tröstet mich für Sie, daß die Zeit Ihrer ferneren und hoffentlich letzten Prüfung wenigstens in die Sommermonate fällt, wo es fast pläsirlicher ist nach Hausen zu gehen, als nit. Wenn ich an Ihrer Stelle gewesen wäre, so wäre ich iedoch gestern droben über Nacht geblieben. Aber so ist er, er kann schon nimmer anderst als unterwegs studiren und dordurwillen sucht er einen Platz, wo er die Kirche näher hat, weil ihm nicht so fast das weite Laufen als das lange Studiren anheben beschwerlich wird. Ich halte es für eine große Vermessenheit und geistlichen Hochmuth, der nicht umsonst hingehen kann, daß die meisten Pfarrer im Oberlande, doch vielleicht auch nicht alle, meinen, der Segen und die Kraft des göttlichen Wortes sei an ihren Fleiß gebunden. Nein! Gott kann auch durch einfältige Predigten selig machen. Und wenn ieder gestern nur halb so gut und lang gepredigt und nur halb so viel Seelen hinzugethan hat, als der Apostel Petrus am ersten Pfingstfest, was aber nicht richtig gesagt ist, sondern das zweite war das erste, weil nicht der Tag, an welchem eine Begebenheit vorfiel, sein eigener Fest- und Gedächtnißtag sein kann, sondern die folgenden, an welchen man sich seiner erinnert und sich einbildet, er sei es selbst, wie denn auch der Charfreitag anno 34 ein schlechtes Passionsfest war, und der Dreifaltigkeitssonntag gar keins, weil die Dreifaltigkeit kein Factum in der Zeit ist, — so habt ihr für das ganze Kircheniahr genug gethan und euer Lohn wird groß sein im Himmel. Gott lasse Ihnen denselben noch lange nicht zu Theil werden.

Meinen Gruß!     H.                

 

 

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