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AN SEBASTIAN ENGLER |
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Den 2. Januar 1805 Wenn die Heirathsverwilligung für die Landsmänninn in Hausen zu rechter Zeit angekommen wäre und also Ihrer und meiner Intention Genüge gethan hätte, so wollt ich einem Krüglein Kirschwasser, ab den heimischen Bäumen und mit Holz aus dem Müschelbach oder Kölschberg gebrannt, nicht aus dem Wege gehen, allertheuerster Erzengel. So aber hab' ich nichts verdient, und den guten Willen belohnt man nicht. Ehe ich jedoch riskire, daß Sie, kluges Kind dieser Welt, den Krug gleichwohl in meinem Namen übernehmen und auf meinen Dank hin, selber trinken, will ich mich lieber mit den Manen des großen Philosophen zu Königsberg und mit dem Erben seines Hütleins auf ewig entzweien, und sollte gegen mein bisheriges eigenes Wissen und Verspüren etwas von seinem nüchternen Geist in mir stecken, ihn mit dem Kirschenwasser austreiben oder in mir selber tödten, und ob mir gleich der respektive Bruder und Oheim Heinrich Stutz in der Schule zu Hausen ie einmal eine Ohrfeige gab, und seine Frau, ohngeachtet meiner herzbrechenden Liebeserklärungen, nie recht hold werden wollte, so will ich doch auch zum Besten ihres Töchterleins von Herzen gerne beytragen, was in meinen Kräften steht, angesehen, daß ich den Schopf im Hof habe aufrichten helfen, daß ich manches Pfündlein Fleisch in der Metzg holte, manches Stücklein Kutteln von dem alten Heiri aus der Faust zu essen bekam, daß der Hans Joppeli selig, der in den 60r Jahren an den Menschenpocken starb, mein Liebling war, und der Grasgarten am Teich unter der Metzg manche Kettenblumen oder Leontodon Taraxacum Linnei für mich trug, mehrerer anderer magnetischer Anziehungspunkte nicht zu gedenken, z. B. daß wir Gränznachbarn waren, indem ich das Recht hatte, bis an des Metzger Heinrichs Territorium die Deischen zu schoren, ferner, daß der Husar über der Hausthüre mir den ersten heroischen Muth zum Reiten einflößte, und des Schmiedhansen Hammer in der Nähe mich manchen Abend in den Schlaf hämmerte und manchen Morgen in die lateinische Schule nach Schöpfen weckte. Indessen will ich Ihnen die Schwierigkeit der Sache und die kleine Verlegenheit für mich unverhalten. Denn für's erste kann ich zur Erlösung von der Militärpflichtigkeit unter den gemeldeten Umständen nichts beytragen, indem ich mit den Personen, die in der Sache zu sprechen haben, aus gegenseitiger Antipathie unserer Rockfarben in keiner Verbindung stehe, und die Hauptleute und Lieutenants, die ich etwa von Drechsler her kenne, selber gern los wären, so wie auch der Auditor. Eine kräftige Vorstellung vom Oberamt kann hier allein durchgreifen. Ist alsdann noch bei den Männern von der grauen Farbe ein Wort oder Gang wegen der Dispensation von Nöthen, so will ich sehen, durch welches Sprachrohr, oder auf welchen Stelzen ich eins oder das andere vollbringe. Hebel
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