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AN SEBASTIAN ENGLER |
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O lieber Erzengel, wie thut einem die Frühlingsluft bey offenem Fenster und einem Tabacks Stänglein zwischen den Zähnen so wohl, und wenn ich schon zu dem meinigen hinaus das Röttler Schloß nicht sehen kann, so seh ich doch, seitdem das Beuerther Wäldlein ausgehauen ist, das Ebersteinburger, und eben sezt sich ein liederlicher Spatz auf dem Thurm linker Hand neben der schwankenden Haselstaude nieder, wo ich auch schon gesessen bin, und in der reinen Bergluft gebadet und ins Elsaß geschaut habe, und läge nicht ein Flor von Morgenduft oder von gestrigem — Nachtnebel vor meinen Augen, so wollt ich Ihnen auch wohl sagen, obs ein Spatz oder eine Spätzin ist. — Aber lieber möcht ich iezt mit Ihnen nach Hausen gehen und Ihnen ob Farnau auf ein Har das Plätzlein zeigen, wo der Statthalter stand und dann Ihre Fastenpredigt in Hausen mit anhören, 's wird by Gott suferi Aerbet sy! Und weil ich das doch nicht kann, so schreib ich wenigstens an Sie, und bitte Sie, dem Jacob Oertlin anliegenden Brief mitzunehmen, wenns auch nicht grad heute ist, und danke Ihnen für den Ihrigen, den ich von Ihnen bekommen. Kaps hat die trockene Zunge eine halbe Elle weit herausgestreckt, als ich ihm sagte, daß er 54 fl. bei Ihnen zu erheben habe, und wird sie auf dem Heimwege im Vorbeygehen im Bären wohl in ein Halbschoppenglas gehengt haben. Vermuthlich schreibt er Ihnen selbst, mir hat er keine Comission gegeben. Ich erwarte Ihre versprochenen weitläufigen Bemerkungen zu den allemannischen Liedern. Sie werden wohl noch nachkommen. Es ist mir leid, daß einige Expl. schadhaft geworden sind. Ich biete mich an sie wieder einzutauschen. Noch schlimmer — nein besser! ist es, daß H. Kolb die bey den postpapeirenen behalten hat, denn ich werde, wenn ich ins Oberland komme, meiner lieben freundlichen Frau Helferinn eins mitbringen und selber einzuhändigen, das Vergnügen haben. Es ist auch sicherer, denn wer weiß, ob nicht die Helferinn schon das erste Exempl. von Kolb erhalten, und unterschlagen hat, und obs mit dem zweiten wieder besser geht. Schicken Sie mir doch noch bey guter Zeit ein fruchtbares Thema für die Gründonnerstag-Nachmittags-Predigt, oder lieber Ihre ferndige Predigt ganz. Ich habe seit 11 Jahren den armen Pilatus schon so scalpirt und geschunden, daß kein Schakal aus der Wüste mehr eine genießbare Faser an ihm herunter nagen könnte, und die par Schulterbeine und Hüftknochen, die ich noch von ihm übrig habe, kann ich in Gottes Namen nicht weich kochen. Ich muß sie nun den Zuhörern, so hart sie sind, an den Kopf werfen und sagen: Da! Das ist das lezte, und übers Jahr kommt mir nimmer! Gott befohlen o Angeliko! Ihnen verleihe der Himmel gute Gesundheit auf die Passionszeit. An guten Predigten wirds dann Ihren Beicht und Pfarrkindern nicht fehlen. J. P. Hebel d. 21. Martii [März 1803].
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