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8. Sodom und Gomorra. Die Geburt Jsaaks.

Die morgenländischen Hirten wohnten gerne in Zelten. Einmal in der heißen Mittagsstunde saß Abraham vor dem Eingang seines Hirtenzeltes und mochte wohl daran denken, wie unglücklich er sei, daß er zu seinem großen Reichtum keine Erben habe, oder, wie glücklich Lot sei, daß er jetzt wieder ruhig in Sodom leben könne. - Gott begegnet unsern Gedanken. - Als Abraham von ungefähr seine Augen aufhob, sah er drei unbekannte Männer gegen sein Zelt herkommen. Die sind anzusehen als höhere Wesen, welche in Menschengestalt den frommen Abraham besuchen und ihm Zukünftiges sagen wollten.

Abraham ging ihnen sogleich entgegen; er bewillkommte sie nach morgenländischer Sitte und bat sie, daß sie bei ihm einkehrten und eine Erquickung annähmen. Denn das war eine von den schönsten Tugenden des Abraham, sein ehrenhaftes Be tragen gegen fremde Leute. Während als sie bei ihm vor dem Zelte saßen und aßen, sagte einer von den dreien, der Vornehmste: »Ehe als ein Jahr vergeht, wirst du Vater eines Sohnes sein.« Abraham und Sara wollten es anfänglich nicht glauben; denn sie hatten schon zu lange vergeblich auf Nachkommenschaft gewartet. Aber der Unbekannte sagte nur mit wenigen Worten: »Sollte Gott etwas unmöglich sein?«

Als die drei wieder fortgingen, begleitete sie Abraham; aber ehe sie voneinander schieden, sagte ihm noch der eine, daß jetzt Sodom wegen der Gottlosigkeit seiner Einwohner würde zerstört werden. Abraham redete zu dem Herrn: »Willst du denn den Gerechten mit dem Gottlosen lassen umkommen? Es möchten vielleicht fünfzig Gerechte in der Stadt sein; wolltest du dem Ort nicht vergeben um der fünfzig Gerechten willen? Das sei ferne von dir, daß du dem Gerechten wie dem Ungerechten tust, der du aller Welt Richter bist. Du wirst nicht also richten.« Abraham hatte den rechten Glauben. Gott verschont oft um weniger frommen Menschen willen viele Gottlose. Aber der Herr sprach endlich, als Abraham lange mit ihm geredet hatte: »Wenn ich zehn Gerechte darinnen finde, so will ich es nicht tun.«

Zwei von den dreien gingen hierauf nach Sodom, daß sie den Lot erretteten. Lot saß an dem Tore der Stadt, als sie ankamen, und obgleich er sie ebenfalls nicht kannte, wer sie waren, bat er sie doch, die Nachtherberge bei ihm anzunehmen; denn es war Abend. Sie verkündeten dem Lot, daß Gott diese Stadt wegen ihrer Sünden werde untergehen lassen, und befahlen ihm,
aus derselben mit seinen Angehörigen fortzuziehen. Lot hatte eine Frau und zwei Töchter. Er wollte auch noch zwei junge Männer retten, die mit seinen Töchtern versprochen waren. Als sie aber seine Rede vernommen hatten, war es ihnen lächerlich, was er sagte. So weit kann ein Mensch die Vermessenheit treiben. Wenn die göttlichen Strafgerichte schon vor der Türe sind, so lacht sie noch und verachtet die letzten Warnungen, welche noch vorausgehen.

Kaum war die Morgenröte aufgegangen, so nötigten die zwei den Lot, mit den Seinigen die Stadt zu verlassen: »Eile, rette deine Seele; rette dein Leben!« Eine fürchterliche Gewitterwolke stellte sich über das Tal Sittim. Die Blitze fingen an zu leuchten; Feuer und Schwefel regnete vom Himmel. In dem Tal Sittim waren viele Adern von Erdharz. Das Erdharz fing Feuer. Das ganze schöne Tal Sittim stand in Flammen. Vier Städte, Sodom, Gomorra, Adama und Zeboim gingen zugrunde. Abraham sah in der Ferne schwarze Rauchwolken aufsteigen. Das war der Brand von Sodom. Das ganze Tal verwandelte sich in einen großen Wasserpfuhl, der das Salzmeer genannt wurde. Er ist noch zu sehen und heißt jetzt das Tote Meer.

Lot hatte glücklich das Städtlein Zoar erreicht, welches verschont blieb. Seine Frau verunglückte unterwegs. In der Folge zog er in das Gebirg und wurde nachher ein Stammvater der zwei Völker Moab und Ammon. Abraham aber wurde noch in demselben Jahr Vater eines Sohnes und gab ihm den Namen Jsaak. Da sah er mit Freuden die göttliche Verheißung erfüllt und sein Vertrauen gekrönt. Es fehlte ihm nun nichts mehr zu seinem irdischen Glück.
 
 
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