zurück
 

6. Abraham und Lot.

Abraham war ein Sohn des Tharah und hatte zwei Brüder, Nahor und Haran. Haran starb und hinterließ einen Sohn, namens Lot. Abraham und Lot wohnten in einem Lande, das Mesopotamia heißt, und waren sehr reiche Leute an Herden, an Silber und Gold.

Aber Abraham hatte in seinem Gemüt einen noch viel größern inwendigen Reichtum. Denn er war ein gottesfürchtiger Mann, redlich und großmütig gegen jeden, der mit ihm zu tun hatte, voll Vertrauen auf Gott und gutes Zutrauens zu den Menschen, weil er es selbst redlich meinte mit Gott und mit den Menschen. Wegen dieser schönen Eigenschaften seines Gemüts war er Gott angenehm, den Menschen wert und mit sich selbst im Frieden. Dies ist der große Reichtum, der mehr beglückt und weiter reicht als Gold und Silber.

Zu diesem Abraham sprach Gott: »Ziehe weg aus deinem Vaterland und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Haus in ein Land, welches ich dir zeigen werde. Ich will deine Nachkommen zu einem großen Volk vermehren und will dich segnen, und es sollen durch dich gesegnet werden alle Geschlechter der Erde« Das war eine große und geheimnisvolle Verheißung, und es kommt noch einer aus dem Geschlechte Abrahams, in welchem die Verheißung wahr wird. Abraham glaubte und gehorchte Gott und zog weg aus seinem Heimwesen mit seinem Weibe Sara - noch hatte er keine Kinder - und mit allen seinen Knechten und mit seiner ganzen Habe. Auch nahm er mit sich seinen Neffen Lot. Er wollte sich nicht von ihm trennen; er wollte seines Bruders Sohn nicht allein in dem Lande zurücklassen, aus welchem er hinwegzog.

Diese Liebe hat Gott in das Herz der Menschen gegeben; sie stirbt nicht in unsern Freunden ab, sondern sie gehört nach dem Tode ihren Kindern an. Wer ihnen diese Liebe und Fürsorge entzieht, der verweigert ihnen ihr schönstes und heiligstes Erbteil.

 Also kamen Abraham und Lot, von Gott geleitet, in das Land Kanaan als Fremdlinge. Als aber Abraham die schöne Landschaft betrachtete, in welche er gekommen war, und sich nicht satt schauen konnte an den fruchtbaren Gefilden, an den fetten Triften, an dem wasserreichen Strom, dem Jordan, und an den sonnigen Hügeln, da verkündete Gott ihm einen neuen Segen: »Deinen Nachkommen«, sagte er, »will ich dieses Land zum Eigentum geben«. Abraham und Lot wurden von den Einwohnern des Landes, zu denen sie in die Nähe gekommen waren, freundschaftlich aufgenommen. Fromme ehrenwerte Leute finden überall eine gute Aufnahme.

Aber die Herden des Abraham und die Herden des Lot waren zu groß; sie konnten nicht in einem so engen Raume beisammen bleiben, als sie anfänglich waren. Es entstand täglich Zank zwischen ihren Hirten. Andere Leute als diese zwei hätten an dem Zank ihrer Hirten aus Stolz oder Eigennutz Anteil genommen und sich selbst untereinander verfeindet. Es scheint fast, Lot habe den Anfang dazu machen wollen. Aber Vernunft und Friedfertigkeit wählt immer das Beste. Abraham sprach mit Lot: »Lieber, laß nicht Zank sein zwischen mir und dir; denn wir sind Gebrüder. Steht nicht alles Land vor dir offen? Lieber, scheide dich von mir! Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten, oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken.«

So edelmütig handelte der ältere und mächtigere Abraham gegen den Sohn seines Bruders. Lot wählte die wasserreiche Landschaft am Flusse Jordan, das schöne Tal Sittim, wo damals die reichen Städte Sodom und Gomorra standen, und wohnte von der Zeit an in der Stadt Sodom.

 
 
 
zurück
 


                      nach oben