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56. Heimkehr aus der Gefangenschaft.

Man muß den Juden in ihrer babylonischen Gefangenschaft zum Lobe nachsagen, daß sie von dieser Zeit an den Götzendienst verabscheuten, obgleich sie unter Götzendienern wohnten. Sie bereiteten ihre Sünden und trauerten und beteten. Sie hätten jetzt gern in Jerusalem ihrem Gott gedient. Auch weckte Gott wieder Propheten in der Gefangenschaft zum Trost. Sagt nicht einer von ihnen: »Wo sich der Gottlose bekehret von allen seinen Sünden, die er getan hat, und hält meine Rechte und tut recht und wohl, so soll er nicht sterben. soll aller seiner Übertretungen, so er begangen hat, nicht gedacht werden; sondern er soll leben um der Gerechtigkeit willen, die er tut. — Meinest du, daß ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht der Herr: und nicht vielmehr, daß er sich bekehre von seinem Wesen und lebe ?«

Ferner:                                                                                                               
»Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte wiederbringen und das Verwundete verbinden und des Schwachen warten; und will ihrer pflegen, wie es recht ist.«

Und sah nicht Daniel, daß einer kam in des Himmels Wolken wie eines Menschen Sohn? Dem ward gegeben Gewalt, Ehre und Reich, daß ihm alle Völker dienen sollten ohne Aufhören.

Aber sie waren so zerstreut und hilflos, und die Chaldäer, ihre Sieger, waren ein so mächtiges und furchtbares Volk, daß vor Menschenaugen an keine Rettung zu denken war. Schon mancher war in dem langen Elend gestorben, der sein Vaterland nimmer sah. Mancher war schon in dem fremden Lande geboren und aufgewachsen, der Jerusalem nur vom Hörensagen kannte, und zu allen Schrecknissen für manchen von ihnen kam zuletzt auch noch ein furchtbarer Krieg in das Land. Man weiß, was ein Krieg in einem Lande ist. Aber wie ist oft Gott so nahe, wenn er so ferne scheint! Wie zagt und zittert oft der Mensch vor seinem nahen Heil!

Kores, der Perser König, der auch Cyrus heißt, brach mit seinen tapfern Persern unversehens in das Land. Er belagerte Babel, die stolze Stadt, in welcher der Chaldäer hauste, und eroberte sie. Also wurden die Juden Gefangene und Untertanen der Perser. Aber sogleich im ersten Jahr seiner Regierung, was tat der König Kores? Er gab Befehl, daß der Tempel Gottes in Jerusalem wieder sollte gebaut werden: »Und wer nun seines Volks ist,« sagte der König, »mit dem sei sein Gott, und er ziehe hinauf nach Jerusalem und baue den Tempel seines Gottes!« Also gab der König den Juden die Erlaubnis, wieder heimzuziehen in ihr Vaterland, und sie erhielten von den Leuten, von welchen sie wegzogen, Silber und Gold, Gut und Vieh aus freiem Willen als Steuer zum Tempelbau. Ja, der König gab ihnen alle silbernen und goldenen Gefäße wieder, fünftausendvierhundert an der Zahl, welche der Chaldäer hatte weggeführt aus dem Tempel. Da richteten alle Traurenden wieder ihre Häupter auf, die Jerusalem im Herzen trugen, und freudige Prophetenstimmen wachten wieder auf.

»Jauchzet, ihr Himmel; denn der Herr hat es getan! Jauchze, du Erde, und frohlocket, ihr Berge und Wälder; denn der Herr hat Jakob erlöset und ist in Israel herrlich!« — »Jerusalem, erhebe deine Stimme mit Macht! Sage den Städten Juda: Siehe, da ist euer Gott!«

Aber es gingen bei weitem nicht alle zurück, denen Kotes dazu die Erlaubnis gab. Viele waren in dem Lande ihrer Gefangenschaft bereits angesessen und begütert. Nur vierzig- bis fünfzigtausend waren es, die anfänglich die Wallfahrt in das Vaterland antraten; Serubabel hieß ihr Anführer, und später erst kamen andere nach.
 
 
 
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