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Das erste Wort
seht ihr in jeder Schar.
Ade! so ruft mein zweites immerdar
Den Scheidenden, wenn sie uns lieb gewesen.
Das Ganze habt ihr eben jetzt gelesen.
„Das
Charadenwesen ist hier bis zur Sucht geworden. Drechslers Kaffeehaus sah
eine Zeit lang aus wie eine Börse. Wo man hinsah, zog einer ein Papierlein
aus der Tasche oder hatte eins in den Händen und studierte dran oder
tauschte eins mit dem Nachbarn aus. Da gab es denn, während man dem Spiel
zusah und zuhörte, mancherlei stille Beobachtungen zu machen. Man konnte
den Scharfsinn und Witz, man konnte, da bisweilen literarische
Anspielungen einflossen, die Belesenheit und Kenntnisse, man konnte sogar
ein paar moralische Eigenschaften und den eigenen Gang der
Ideenassoziation bei dem und jenem belauschen und das war für mich bei dem
ganzen Spiel das Interessanteste."
So gab Hebel mit ironischer Distanz zu sich selbst in einem Brief
vom März 1804
an Friedrich Wilhelm Hitzig zu Protokoll.
** In ganz Europa
waren damals die Kaffeehäuser Treffpunkte revolutionärer Zirkel. Mehr als
fraglich ist allerdings [...] ob diejenigen, die für Freiheit, Gleichheit
und Brüderlichkeit waren, sich im Drechsler'schen Kaffeehaus am Zirkel
(Schlossplatz 8) trafen. [...]
Mit Rätseln konnte man sich beruhigen. So wie jedes Rätsel, das aufgegeben
wurde, eine Lösung hatte, folgte auf jeden Feldzug ein Friedensschluss. In
dieser Zeit, in der die letzten Überreste des feudalistischen Weltbilds
zerschlagen wurden, vermittelten Rätsel das Gefühl, dass zumindest im
Kaffeehaus alles zum Besten geordnet sei. [...]
Statt sich mit der irrationalen Gewalt oder dem „Blut der
Schlachtfelder" oder der gigantischen Geldverschwendung für das Militär zu
konfrontieren - Hebel listete die enormen Kosten für Armee und Krieg im
Kalender auf das Jahr 1811 auf - hielt man „Sitzungen der Großen Charaden-
und Rätselakademie" ab. So nannte Hebel scherzhaft die damals modischen
Ablenkungs- und Verdrängungsmanöver. Hebel schrieb viele Rätsel. Einige
von ihnen integrierte er in die Geschichten seines Kalenders. So stellte
er die Leser zum Beispiel vor die Aufgabe, in der Geschichte Eine
sonderbare Wirthszeche von 1808 die Auflösung des dritten (Bretzel)
und vierten Rätsels (Glas) zu finden.
Heutzutage gehört dieses Verfahren der interaktiven Mitarbeit zum
Standardrepertoire
der modernen Massenmedien.
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