zurück  Lörrach gegen das Röttler Schloß
 

 

 


Aquarell von Samuel Birmann (1812)

* Im Frühjahr 1773 begleitete seine Mutter nicht mehr in die Stadt. [Pfarrer] Obermüller nahm den Dreizehnjährigen bei sich in Schopfheim auf, damit er die Lateinschule abschließen konnte.
Im Herbst rief man ihn doch nach Basel: die Mutter sei erkrankt und wünsche, nach Hause gefahren zu werden. Ein Verwandter aus Hausen holte sie am 16. Oktober mit dem Ochsengespann.
Unterwegs, zwischen Brombach und Steinen, starb sie [angesichts des Röttler Schlosses]
unter den Augen ihres Sohnes.


Nicht zufällig spielt das Gedicht Vergänglichkeit an derselben Stelle angesichts der Ruine
des Schlosses Rötteln, an der Stelle, die Hebel zum erstenmal die Wirklichkeit des Basler Totentanzes vor Augen geführt hat. *


** Anders als der Vater hat die Mutter, die der Halbwaise alles war, Hebel entscheidend geprägt. In wie vielen Gedichten und Kalendergeschichten hat er einer Mutter - seiner Mutter - ein Denkmal gesetzt. Mancher seiner Wesenszüge geht auf sie zurück. [...] Sie hat mich beten gelehrt, sie hat mich gelehrt an Gott glauben, auf Gott vertrauen, an seine Allgegenwart denken. Da man ihm einmal seine allzu große Bescheidenheit und Zurückhaltung Höhergestellten gegenüber vorhielt, soll er geantwortet haben: "Ihr habt gut reden, Ihr seid des Pfarrers N. Sohn von X ... Ich aber bin, wie Ihr wißt, als Sohn einer armen Hintersassen-Witwe zu Hausen aufgewachsen, und wenn ich mit meiner Mutter nach Schopfheim, Lörrach oder Basel ging, und es kam ein Schreiber an uns vorüber, so mahnte sie: «Peter, zieh 's Chäppli ra, 's chunnt a Her!» wenn uns aber der Herr Landvogt oder der Herr Hofrat begegnete, so rief sie mir zu, ehe wir ihnen auf zwanzig Schritte nah kamen: «Peter, blib doch stoh, zieh geschwind di Chäppli ab, der Her Landvogt chunnt!» Nun könnt Ihr Euch vorstellen, wie mir zu Mute ist, wenn ich hieran denke - und ich denke noch oft daran."

Unter den Traumaufzeichnungen Hebels findet sich aus dem Jahr 1805 folgende Notiz:
Sehr oft gibt mir der Traum meine Mutter wieder, und ich bekomme sie immer nur unter einer von zwei Gestalten. Entweder ist sie erzürnt und will nichts von mir wissen, oder sie erscheint in der Verklärung der höchsten mütterlichen Milde und hat Vergnügen an meinen Liebkosungen. Immer habe ich das Bewußtsein dabei, daß ich sie lange entbehrt habe,
und das Gefühl, daß ich sie nicht lange haben werde. **

 
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* Originaltext: Johann Peter Hebel in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten;
Autor: Uli Däster. - Reinbek: Rowohlt-Verlag, 1973  /  Seite 17

** Originaltext: Johann Peter Hebel in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten;
Autor: Uli Däster. - Reinbek: Rowohlt-Verlag, 1973  /  Seite 18