Zwei Gehülfen des Hausfreunds (1811)
Es wird in Zukunft bisweilen von einem Adjunkt die
Rede sein, was der geneigte Leser nicht verstehen könnte, wenn es ihm
nicht erklärt würde. Als nämlich der Hausfreund den rheinländischen
Kalender noch schrieb, er schreibt ihn noch, hat er den Bezirk seiner
Hausfreundschaft diesseits Rheins, wie die Franzosen das Land jenseits
Rheins in zwei Provinzen geteilt, in die untere, und in die obere: und
hat in die untere einen Statthalter gesetzt, einen Präfekt, der aber
nicht will genannt sein, denn er ist kein Landskind. Auch nennt ihn der
Hausfreund selber nicht leicht Statthalter, und niemand, sondern
Adjunkt, denn selten ist jeder auf seinem Posten, sondern sitzen
beieinander und schreiben miteinander neue hochdeutsche Reimen, oder
sinnreiche Rätsel. Zum Exempel, »Adjunkt", sagt der Hausfreund: „Ratet
hin, ratet her, was ist das?"
Der arme Tropf
Hat keinen Kopf;
Das arme Weib
Hat keinen Leib,
Die arme Kleine
Hat keine Beine.
Sie ist ein langer Darm,
Doch schlingt sie einen Arm
Bedächtig in den andern ein.
Was mag das für ein Weiblein sein?"
„Hausfreund", sagt der Adjunkt, „wenn Ihr mir einen Groschen leiht, so
will ich Euch, für dieses Rätsel ein paar Bretzeln kaufen. Den Wein, den
wir dazu trinken, bezahlt Ihr. Ratet hin, ratet her, was ist aber das?
Holde, die ich meine,
Niedliche und kleine,
Ich liebe dich, und ohne dich
Wird mir der Abend weinerlich.
Auch gönnst du mir,
Nachrühm ich's dir,
Wohl manchen lieblichen Genuß;
Doch bald bekommst du's Überdruß,
Und laufst zu meiner tiefen Schmach
Ein feiles Mensch den Juden nach,
Und dennoch Falsche aus und ein,
Hörst du nicht auf mir lieb zu sein.
Ihr erratet's nicht", sagt der Statthalter, „wenn ich's Euch nicht
expliziere. Es ist eine Adjunktsbesoldung, zum Exempel meine eigene, die
ich von Euch bekomme."
Allein der Adjunkt hat selber wieder eine Adjunktin, nämlich seine
Schwiegermutter, die Tochter hat er noch nicht, bekommt sie auch nicht,
und der Hausfreund hat an ihm einen ganz andern Glückszug getan, als
sein guter Freund, der Doktor, auf seiner Heimreise aus Spanien an der
Madrider Barbiergilde. Denn als er aus der großen Stadt Madrid
herausritt, seinem Tierlein wuchsen in dem warmen Land, und bei der
üppigen Nahrung die Haare so kräftig, daß er nach Landesart zwei
Barbiere mitnehmen mußte, die auch ritten, und wenn sie abends in die
Herberge kamen, so rasierten sie sein Tierlein. Weil sie aber selber
keine gemeine Leute waren, und die ganze Nacht Arbeit genug hatten, bis
das Tierlein eingeseift, und rasiert, und wieder mit Lavendelöl
eingerieben war, so nahm jeder wieder für sein eigenes Tierlein zwei
Barbiere mit, die ebenfalls ritten, und diese wieder. Als nun der Doktor
oben auf dem pyrenäischen Berg zum erstenmal umschaute, und mit dem
Perspektiv sehen wollte, wo er hergekommen war, als er mit Verwunderung
und Schrecken den langen Zug seiner Begleiter gewahr wurde, und wie noch
immer neue Barbiere zum Stadttor von Madrid herausritten, und inwendig
wieder aufsaßen, sagte er bei sich selbst: Was hab ich denn nötig länger
zu reiten, es geht nun jetzt bergunter, und ging früh am Tag in aller
Stille zu Fuß nach Montlouis.
Also hat der Hausfreund mit seinem Adjunkte auch die Adjunktin des
Adjunkts gewonnen, ist aber nicht erschrocken, und davongelaufen. Wer's
noch nie erlebt hat, wie sie allen Leuten Red und Antwort gab, und
schöne Schweizer Lieder vom Rigiberg singen, und wie sie sich verstellen
kann, bald meint man, man sehe eine Heilige mitten aus dem gelobten Land
heraus, bald die heidnische Zauberin Medea, und noch viel, wer's nicht
gesehen hat, stellt sich's nicht vor.
Der freundlichen Schwiegermutter des Adjunkts soll dieses Büchlein zum
Dank und zur Freundschaft gewidmet sein.
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