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53. Jesus besucht seine Jünger.

 

Die Jünger saßen denselbigen Abend beisammen, und die Türen waren verschlossen aus Furcht vor den Juden. Aber von was redeten sie wohl, als von ihrem Herrn und Meister und von dem leer gefundenen Grab und von dem Zeugnis, und wie gerne sie ihn selbst sehen und mit ihm reden wollten, daß sie auch recht getrost und fröhlich sein könnten? Da stand auf einmal der Auferstandene unter ihnen in seiner bekannten, lieben Gestalt und grüßte sie mit den schönen Worten: »Friede sei mit euch!« Doch fuhren sie vor Schrecken zusammen. Denn es war ihnen nicht anders, als erzeigte sich ihnen ein Geist. Jesus trat näher zu ihnen und zeigte ihnen seine Seite und seine Hände und beruhigte sie: »Ich bin es selber,« sagte er; »fühlet mich an! Ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr an mir sehet.« Ja, er aß mit ihnen von einem Fisch und etwas Honigseim. Da wurden die Jünger froh, daß sie den Herrn sahen. Das war der heilige Ostersonntag, der noch jährlich mit Freude und Hoffnung in allen christlichen Kirchen gefeiert wird im Frühjahr, wann die ersten Samenkerne aus der Erde aufgehen und sozusagen auch ihre Auferstehung halten. Der Tod ist verwandelt in das Leben, in den Sieg. Gott sei gedankt, der uns den Sieg gegeben hat durch Jesum Christum unsern Herrn!

Thomas war nicht zugegen, als der Herr den Jüngern erschien. Als er zu ihnen kam, riefen sie ihm voller Freude entgegen: »Wir haben den Herrn gesehen.« Thomas glaubte ihnen nicht. Er antwortete: »Wenn ich nicht mit meinen Händen die Wundenmale seines Körpers befühle, so will ich’s nicht glauben.« Nach acht Tagen waren sie abermal beisammen, und die Türen waren verschlossen, und Thomas war bei ihnen. Es war, wie wenn sie warteten, ob er wieder kommen werde um die nämliche Zeit. Er kam wieder und sprach zu Thomas: »Reiche nun deine Finger her und befühle meine Wundenmale und sei nicht unglaubig, sondern glaubig.« Als Thomas Jesum erkannte, daß er es sei, sprach er zu ihm mit freudigem Entzücken: »Mein Herr und mein Gott!« Jesus aber sprach zu ihm: »Weil du mich gesehen hast, Thomas, so glaubest du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.«

Alle, die Jesum Christum nie gesehen und doch liebhaben und an ihn glauben, wiewohl sie ihn nicht sehen, werden sich einst gleich dem Thomas freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude.