3. Darstellung Jesu im
Tempel.
Es war ein Gesetz in Israel, von Moses her: eine Mutter, die ihren ersten
Sohn geboren hatte, mußte ihn in den Tempel bringen und für ihn ein Lamm
opfern oder, wenn sie zu arm war, ein Paar Turteltauben. Als nun Maria
ebenfalls ihren Sohn in den Tempel brachte und für ihn ein Paar
Turteltäublein opferte, kam auch in der nämlichen Stunde ein frommer und
gottesfürchtiger Mann mit Namen Simeon in den Tempel, der schon so lange
auf den Trost Israels wartete und von Gott die Gewißheit in seinem
Herzen empfangen hatte, daß er den Tod nicht sehen werde, es sei denn,
daß er vorher den Christ des Herrn gesehen habe.
Also ward ihm noch am Abend seines Lebens die Verheißung erfüllt und
sein langes Warten gestillt. Er nahm das teure Kind auf seinen Arm und
lobte Gott und ward so entzückt, daß er Gott anrief, er wolle ihn jetzt
sterben lassen; er habe nichts Erfreulicheres mehr auf der Erde zu
erleben. Es ist dieses eine wundersame Regung in dem menschlichen Gemüt.
Schon viele fromme Menschen, wenn Gott ihr Herz mit einer großen Freude
erfüllte, haben gewünscht, daß sie jetzt sterben möchten. Simeon betete:
»Herr, nun lässest du deinen Diener im Frieden dahingehen; denn meine
Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereitet hast, ein Licht,
zu erleuchten die Heiden, zum Preis deines Volks Israel.« Aber zu Maria,
der Mutter Jesu, sprach er: »Es wird ein Schwert durch deine Seele
dringen.« Es kam auch Hanna, eine hochbetagte Frau, dazu und preisete
Gott und redete von diesem Kind zu allen, welche zugegen waren und auf
die Erlösung hofften. Also freuten sich diese frommen betagten Menschen
über die Geburt des geheimnisvollen Kindes und über das Glück der
Nachwelt, das sie doch selber nicht mehr erleben konnten.
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