32. Von den Talenten.
Ein reicher Mann zog auf lange Zeit
von Hause hinweg und vertraute bis zu seiner Wiederkunft einigen von
seinen Dienern einen Teil seines Vermögens an, daß sie es in seiner
Abwesenheit durch treue Verwaltung bessern und mehren sollten. Einem
derselben gab er fünf Zentner, dem andern zwei Zentner, dem dritten
einen Zentner. Zentner aber, oder auch Talent, bedeutet, wie schon
gesagt worden, eine bestimmte Summe Geldes, weil in den ältesten Zeiten
das Geld nicht gezählt, sondern gewogen wurde.
Der erste war ein treuer Diener seines Herrn. Er erwarb mit seinen fünf
Talenten noch fünf Talente. Der andere war auch ein treuer Diener. Er
erwarb mit seinen zwei Talenten auch noch zwei. Der dritte wickelte sein
Talent in ein Tüchlein und vergrub es unter die Erde. Nach langer Zeit
kam der reiche und vornehme Mann in seine Heimat wieder und hielt
Rechnung mit seinen Dienern. Der erste trat herzhaft und freudig herzu
und sprach: »Herr, du hast mir fünf Talente gegeben. Siehe da! Ich habe
damit fünf andere erworben.« Sein Herr erwiderte ihm: »Du frommer und
getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen. Ich will dich über
viel setzen. Gehe ein zu deines Herrn Freude!« Der zweite trat ebenfalls
herzhaft herzu und sprach: »Ich habe mit meinen zwei Talenten noch zwei
andere erworben.« Der Herr erwiderte ihm: »Du frommer und getreuer
Knecht, du bist auch über wenigem getreu gewesen. Ich will dich über
viel setzen. Gehe ein zu deines Herrn Freude!« Der dritte trat auch
herzu und sprach: »Herr, ich wußte, daß du ein harter Mann bist.
Deswegen habe ich dein Geld in die Erde verborgen. Siehe, da hast du das
Deine.« Über diese unverständige und boshafte Ausführung zürnte der
Herr, wie billig. Er nahm das Geld und gab es einem von den andern.
Diesem Unwürdigen vertraute er nichts mehr an. Er ließ ihn in ein
finsteres Gefängnis setzen.
Verstehe: Die Talente bedeuten die Gaben und Kräfte, welche Gott jedem
Menschen gegeben hat, daß er sie anwende zum Guten. Gott teilt die Gaben
und Kräfte ungleich aus. Einer hat mehr empfangen, der andere weniger.
Wer sein Weniges treu anwendet, des freuet sich Gott und segnet seine
Treue. Wer es nicht anwendet, an dem hat Gott kein Wohlgefallen und kann
dem Unfleiß und der Untreue keinen Segen schenken.
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