11. Die Predigt in
Nazareth.
Als Jesus wieder in Nazareth
war, ging er in die Schule. Damit ist jedoch keine Kinderschule gemeint.
Wiewohl, Jesus ist auch in den Kinderschulen. Wo zwei oder drei
versammelt sind in seinem Namen, da ist er mitten unter ihnen. In jenen
Schulen aber kamen die Erwachsenen zusammen am Sabbattag und lasen in
den Büchern des Gesetzes und der Propheten und redeten darüber. Jesus
stand auf und wollte lesen, und las in dem Buche des Propheten Jesaias:
»Der Geist des Herrn ist über mir; darum hat mich der Herr gesalbet. Er
hat mich gesandt, den Elenden zu predigen, die verwundeten Herzen zu
verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Erledigung, den Gebundenen
eine Befreiung, zu predigen ein gnädiges Jahr des Herrn.«
Über diesen Text redete er mit ihnen. Unter anderm sagte er: »Diese
Schrift ist heute vor euch erfüllt«; anzuzeigen, daß er derjenige sei,
in dessen Namen der Prophet gesprochen habe. Darüber hätten sie sich
billig freuen sollen, daß der bei ihnen klein war und groß wuchs, den
Gott zum Heiland der Menschen geheiligt hatte. Sie hätten billig die
ersten sein sollen, welche ihn als den Heiland anerkannten und liebten,
weil er als ein frommes Kind unter ihren Augen aufgewachsen war.
Anfänglich wunderten sie sich auch über seine holdselige Rede. Aber
zuletzt sagten sie ganz kaltsinnig: »Ist er nicht Josephs Sohn?« Diese
suchten nicht redlich die Wahrheit. Sie hatten keinen Glauben an ihn,
weil er ihnen zu bekannt war. Jesus sprach daher: »Kein Prophet ist
angenehm in seinem Vaterland.« — Zuletzt wollten sie ihn sogar töten. —
Solche große Verachtung taten die Einwohner von Nazareth sich selbst an,
daß sie glaubten, ein Mann, der bei ihnen aufgewachsen war, und den sie
so gut kennen, könne kein Prophet sein; er müsse wenigstens von
Jerusalem kommen. Wer sich selbst und seine Heimat verachtet, ist nicht
auf rechtem Weg. Jesus verließ die Stadt Nazareth und ging nach
Kapernaum. Also ward er sogleich im Anfang aufgenommen und geliebt von
den fremden Samaritern und verworfen von den Bekannten in Nazareth, wie
noch geschieht. Viele, die ihm ferne sind, suchen und finden ihn. Viele,
die ihm nahe sind, verachten den Sohn Josephs.
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