43. Davids Sieg und
Rückkehr nach Jerusalem.
Unterdessen hatte Absalom von
dem Königsthron in Jerusalem Besitz genommen und zog alsdann, der
Verwegene, seinem Vater mit feindseliger Heeresmacht über den Jordan
nach. In solche Verblendung läßt Gott die Ruchlosigkeit dahin gehen, daß
sie ihre Strafe finde. David stellte sein tapferes und treues Heer gegen
ihn zur Schlacht und befahl noch den Hauptleuten: »Geht mir schonlich um
mit Absalom, dem Jünglinge,« der treue, fromme Vater!
Er selbst blieb in der Stadt und zog nicht mit ihnen hinaus. Das
feindliche Heer verlor die Schlacht; es war in einem Wald und erlitt
eine schreckliche Niederlage. Absalom floh. Aber auf der Flucht blieb er
mit seinen schönen langen Haaren unter einer Eiche hangen. Das Maultier,
auf welchem er ritt, lief unter ihm weg, daß er sich nicht mehr
loswickeln konnte, und so schwebte er in schrecklicher Todesangst
zwischen Himmel und Erde, bis Joab, der Feldhauptmann Davids, es erfuhr
und herbeieilte. Ein Kriegsmann, den sein Gang an der Eiche
vorbeigeführt hatte, kam und sagte dem Feldhauptmann an, was er im Wald
gesehen habe. Der Feldhauptmann sprach: »Wenn du das gesehen hast, warum
hast du ihn nicht darnieder geschlagen? So wollte ich dir geben zehn
Silberstücke und einen Gürtel.« Aber der fromme und kluge Kriegsmann
erwiderte ihm: »Wenn du mir tausend Silberstücke auf die Hand gewogen
hättest, so wollte ich dennoch meine Hand nicht an des Königs Sohn
gelegt haben; denn ich habe wohl gehört,« sagte er, »daß der König
sprach: Hütet euch, daß nicht jemand dem Knaben Absalom Leid tue!« Aber
Joab sprach: »Ich kann mich nicht bei dir aufhalten.«
Er nahm drei Spieße und stieß sie dem Absalom durch das Herz, als er
noch lebte an der Eiche. Also ward auch das vergolten. Wer Vater
verstört und Mutter verjagt, der ist ein schändliches und verfluchtes
Kind. Ehre Vater und Mutter, daß es dir wohl gehe!
Dem guten König aber verursachte die Siegesbotschaft anfangs keine große
Freude, weil sein Sohn getötet war. Nein, er rief unaufhörlich: »O! Mein
Sohn Absalom, wollte Gott, ich könnte für dich sterben! O Absalom, mein
Sohn, mein Sohn!« So sehr liebte der König seinen Sohn auch noch nach
seiner Untat und nach seinem Tode. Das hat Gott in die Herzen der Eltern
gegeben, daß sie also ihre Kinder lieben und ihren Undank vergessen
können. Nie will ich solche Liebe betrüben.
Als aber die Botschaft von dem Sieg des Davids zurück über den Jordan
kam, da ward wieder auf einmal alles anders. Zuerst kamen mit großer
Freude die Männer von Juda, die Stammesgenossen des Davids, daß sie
ihren König begrüßten und wieder nach Jerusalem auf seinen Thron
zurückführten. Es kam der heillose Simei voll Angst und Verzweiflung und
warf sich vor dem König nieder, daß er ihm seinen Unverstand verzeihen
wolle. Also wendete sich das Blättchen. Vorgetan und nachbedacht hat
manchen in groß Leid gebracht.
Aber David ließ ihm Gnade widerfahren. Er sprach zu Simei: »Es soll dir
kein Leid geschehen!« Es kam auch wieder Barsillai, der Getreue, dass er
seinem Könige Glück wünschte zu dem Sieg. David wollte ihn mit sich
nehmen nach Jerusalem, daß er ihm Gutes täte zum Dank für seine Treue.
Aber Barsillai bat sich keinen andern Dank aus, als den König zu
begleiten bis an den Jordan. Er sei ein achtzigjähriger Mann, der nicht
mehr schmecken könne, was er esse, und nicht mehr höre, was die Sänger
und Sängerinnen singen. Er wünsche zu sterben in seiner Stadt und bei
seines Vaters und bei seiner Mutter Grab. Doch empfahl er der Gnade des
Königs seinen Sohn.
Da küßte der König zum Abschied den ehrlichen, alten Mann, der seine
Liebe und Treue auf eine solche Art bewährt hatte. Ei freilich, die
wahre Liebe zu Gott und Menschen ist selbst ihr eigener Lohn und begehrt
keinen andern. David nahm den Sohn des Barsillai mit sich, daß er ihm
Gutes rate und an dem Sohn die Treue des Vaters belohnte. Hierauf kehrte
David unter freudigen Begleitungen nach Jerusalem auf seinen Thron
zurück und erreichte noch ein hohes Alter. Er war einer der mächtigsten
und berühmtesten Könige seiner Zeit. Israel war nie mächtiger als unter
seiner Regierung. Als er aber alt und schwach war worden, übergab er die
Regierung seinem Sohne Salomon und starb und ward begraben in der Burg
Zion.
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