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19. Dritte und letzte Reise nach Ägypten. Jakobs Tod.

 

Wie war es dem guten, alten Vater in Kanaan zumute, als alle seine Söhne zurückkamen und brachten ihm die Botschaft: »Joseph lebt auch noch«, und als sie ihm sagten, der Herr über ganz Ägypten, den sie gesehen und mit dem sie geredet hätten, das sei Joseph, sein Sohn. Anfangs glaubte er ihnen nicht. Als er aber die Wagen sah und die Geschenke, welche sein Sohn ihm schickte, da lebte er wieder auf und sprach: »Ich habe genug, daß mein Sohn Joseph noch lebt. Ich will hin und ihn sehen, ehe ich sterbe.«

Also zog Jakob mit seinen Kindern und Enkeln, sechsundsechzig Seelen an der Zahl, und mit seiner ganzen Habe aus Kanaan fort, daß er zu seinem Sohn Joseph nach Ägypten käme. Joseph zog seinem Vater entgegen, und als er ihn sah, fiel er ihm um den Hals und konnte fast nicht aufhören zu weinen. Jakob aber sprach zu ihm: »Ich will nun gerne sterben, nachdem ich dein Angesicht gesehen habe, daß du noch lebest.« O Gott, wie kannst du Leid in Freude verwandeln und ein langes, kummervolles Leben noch mit einem glücklichen Alter krönen! Das ist die letzte Freude der Eltern, wenn die Erde nichts mehr für sie hat, ihre Kinder, wenn sie auf Gottes Wegen wandeln und glücklich sind. Das ist die größte Freude frommer Kinder, daß sie ihren Eltern im Alter Gutes tun und ihre Liebe vergelten können.

Joseph redete sogleich mit dem König und stellte ihm seinen Vater und mehrere von seinen Brüdern vor. Er machte ordentlich Staat mit seinem alten Vater bei dem König und bei den vornehmen Ägyptern, wiewohl er nur ein Hirte war. Der König wies ihm und seinen Kindern und Herden die schönen Weideplätze in der Landschaft Gosen an. Die ganze Landschaft Gosen gab er ihnen. Siebenzehn Jahre lebte Jakob noch in Ägypten in einem glücklichen Alter.

Als er krank wurde, besuchte ihn Joseph in dem Lande Gosen und nahm seine zwei Kinder, Ephraim und Manasse, mit. Jakobs Augen waren bereits dunkel geworden. Er fragte den Joseph, wen er bei sich habe. Joseph antwortete: »Es sind meine zwei Söhne, die mir Gott gegeben hat.« Da nahm sie Jakob auf den Schoß und küßte und herzte sie und sprach zu Joseph: »Ich hatte einst nicht gehofft, daß ich dein Angesicht mehr sehen würde, und siehe, Gott läßt mich auch noch deine Kinder sehen.« Gott kann überschwenglich tun über alles, was wir bitten und verstehen.

Joseph nahm die Kinder von dem Schoß seines Vaters und stellte sie vor ihn, daß er die Hände auf sie legte und ihnen seinen Segen gäbe. Jakob legte die Hände auf sie und sprach: »Gott, vor dem meine Väter Abraham und Isaak gewandelt haben, Gott, der mich ernähret hat mein Leben lang, der Engel, der mich erlöset hat von allem Übel, der segne die Knaben!« Auch setzte er sie in gleiche Rechte mit seinen eigenen Söhnen. Denn er sagte: »Sie sind mein.« Mit solcher Frömmigkeit und Demut ehrte Joseph, der vornehme und reiche Mann in Ägypten, seinen alten Vater. Er wußte seinen eigenen Kindern kein schöneres Erbteil zu geben als den frommen Segen seines Vaters.

»Siehe,« sprach Jakob, »ich sterbe. Aber Gott wird mit euch sein.« Auch befahl er, das; seine Gebeine sollten nach Kanaan gebracht werden, wenn er gestorben wäre, zu den Gebeinen seiner Väter. Denn er wollte nicht in Ägypten begraben sein. Nach seinem Tod begleiteten Joseph und seine Brüder seine Leiche zu dem Erbbegräbnis ihrer Väter in dem Lande Kanaan. Als sie aber nach Ägypten zurückkamen, fürchteten sich seine Brüder vor ihm; denn sie dachten, er habe sie bisher nur um seines Vaters willen verschont. So schwer lässt sich das böse Gewissen beruhigen. Aber Joseph sprach: »Fürchtet euch nicht. Ihr gedachtet es böse zu machen; aber Gott hat es gut gemacht. - Ich will euch versorgen und eure Kinder,« sagte er.

Ganz richtig! Wer seine Eltern liebt, der liebt auch seine Geschwister. Wer sein Glück für einen Segen Gottes erkennt, der ist auch gütig und freundlich gegen die Menschen.
 

 

 

 
 
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