Hephata, thue dich auf!

II.
 

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Amme Sunntig früeih, se gangi in mine Gedanke
uf der Stroß spaziere und wies eim öppe au go cha,
chumi witer as i weiß und as i ha welle.
Drum 's isch au so heimlig gsi und d'Sunne het gschiene
rechts und links an d'Dörfer und an die gwiißgete Chilchthürm,
und die Chilchthürm stehn und bschaue enander vo witem,
über 's Waizefeld und über die duftige Matte,
und 's will kein der Afang mache: "Nochber, fang du a!
Bisch du nit der ältst und hesch die chräftigste Glocke?" -
"'s het jo no nit nüni gschlage", seit er zum Nochber,
"und sie tränke no an alle Brunnr und hole
in der Metzg no Fleisch un flechte de Chindre d'Zupfe."
Sider gangi und gang, und los, wie d'Vögeli froh sin,
wil es Sunntig isch und wil sie alleinig im Feld sin,
und pfiff au mi Psalm und d'Vögeli lose,
luege enander a und denke, das isch e Lehrjung,
seig er wer er well in sine plischene Hose.
Und i gang dur d'Rebberg uf mine Gedanke,
- 's het scho weichi Trüübli gha und zitige Beeri -
bis es zsemme litet an alle Ende und Orte,
übers Stoppelfeld und über die grasige Matte;
und es lüpft mer 's Herz und 's Wasser schießt mer in d'Auge:
"Gosch jetz in kei Chilche und goht di der Suntig nüt a!"
sagi zue mer und lauf und chumm no ebe wils Zit isch
anne Chilchhof uffem Gupf und schlenkere 's Gertli,
wo i gha ha, weg und denk, jetz gangi uf gradwohl
zue der nächste Thüren i und setz mi, wo's Platz isch,
zue de Männer oder Buebe uf d'Orgle.
Und jetz loset, was der Pfarrer predigt und gseit het;
Vreneli, leng mer e Stuehl un jag 'zerst d'Hühner zuer d'Thür us.
Betet hen si, wie wie by üs und gorglet und gsunge.
Wo sie gsunge hen, se stigt der Pfarrer uf d'Chanzle
und dreiht 's Stundeglas und rüttlets e wenig und chlopft druff;
's het nit welle laufe. und druff, wo d'Orgle verbrummt het,
fangt er e Predigt a vu sellem Taube und Stumme,
wo e fremde Ma am galliläische Meer her
gwandlet seig und heig dem Chranke d'Finger ins Ohr gleit
und uf d'Lefzge au, und wuner Hephata grüeifft heig:
"Hephata, thue dich auf!" se seig dem Chranke uf eimol
's Wasser in d'Auge gschosse. "Nei loset, wie brusche die Welle!"
heig er gseit. "wie pfifft der Wind so lieblig im Schilfrohr!
Nei wie singt der Fischer dört so lieblig am Ufer?"
Und der Vater und d'Muetter seig schier vor Freude vergange.
'S isch e chräftig Wort, das Hephata, seit er, vum Himmel,
's thuets kei Doctor so, kei Apotheker vu Sulzburg. -
Jo 's mueß chräftig si; wohl möcht i 's au e mol höre,
hani denkt, und wienis denk, so seit er: "Und tönts nit
wo me numme loset, an alle Ende und Orte
und uf alle Matte, in alle menschliche Herze!
Am Dreikönigstag wie isch der Bode mit Schnee deckt,
hart und chalt, voll Gsöm und Gwürm e leidige Chilchhof.
'S tribt kei Gräsli, 's lacht kei Blüemli. Zittigt e Chörnli?
'S duren eim die arme Vögel. Spatze und Finke,
und die arme Lit in ihrem verissene Plunder.
Wuche um Wuche vergoht. Es isch scho Pauli Bekehrung,
's wird nit anderst, numme d'Noth wird größer und herber,
d'Lichtmeß chunnt: 's isch no wie almig; d'Fasten isch au do.
Und der Vogt und s' Gricht, der Kayser und sini Soldate
zwinges nit. Kei Menschewort dringt abe in Bode,
bis im Merz en andere chunt und Hephata uuspricht.
'Hephata, thue dich auf!' Wie weiht der Tauwind so liebi,
seit der Vater zum Suhn, wo mitenander in Wald gehn,
und chnüpft 's Brusttuech au. - Wie wird der bode so lucker!
Loos, wie's rieslet und tropft und lueg doch wie alles so grün wird,
und deheim seit d'Muetter: Gang Töchterli weidli ans Fenster,
loß mer de Fruehlig in d'Stube mit sini heitere Auge
und löhnt d'Schäfli us, der Hirt fahrt ebe durs Dorf ab.
Jez chunt alles in Trieb uns schießt in heimlige Chnospe,
in de Gärte, im Feld, an alle Bäume und Hecke;
un der Vogel, wo vor churzem d'Westüür nit gha het,
isch e riche Buur. Er het in alle Reviere
Würmli uf der Weid, in alle Bündtene 's Zehntrecht,
het si eige Huus und Hof. Die flißige Huusfrau
baut e Bettli dri, und wemme näume derzue chunt,
nei, se bhuetis Gott, was lit im Bettli verborge?
Goldni Eili, rund und chly, mit Düpfene gsprenglet.
Was isch in de Chnospe, was isch im Eili verborge?
Niemes weißt's und niemes luegt und nieme cha's ufthue.
Tag um Tag vergoht, der Ostermentig und Zistig,
bis die Stimm vom Himmel tönt und Hephata ausspricht.
Und jetz rueft es Tag und Nacht und Sunntig und Werchtig:
'Hephata, thue dich auf!' und 's höres alli und folge.
Und me het nit Auge gnueg zuem freudige Bschaue:
's Chnöspli thuet si uf. O lueg di schöne Zirinkli!
's Vögeli fliegt vum Nest; o lueg e Stübli voll Chinder -
und wo me lost und wo me luegt isch Lebe und Lebe! -
He es währt vum Ostertag e freudige Fyrtig,
bis zuem Pfingstfest, Tag und Nacht und Sunntig und Werchtig;
's glitzeret z' sendum wie Gold und Silber und Demant,
's wahlt e Blüetheduft ab alle Bäume und Hecke,
wie Clavier- und Harfeton und silberni Glöckli;
wo me lost und wo me luegt isch Lebe und Lebe,
d'Gluckere goht selb zwölfe und d'Lämli weide im Grüne,
d'Halme schieße, d'Aeri schwanke, d'Saegese juckt scho,
und me seit Gottlob und Dank und wartet afange
uf e warme Rege. Was seit der Barometer?
Obe will er ufe und 's rüttle bringt en nit abe,
und der Himmel ist zue, wie zu den Ziten Eliä,
zweiten Buch der KLönige Kapitel des siebzehnt. - -
Druf lengt der Pfarrer in Sack und nimmt e Prise und schnupft en
und luegt no nem Stundeglas und pöperlet wieder -
Hephata, thue dich auf!

 
 
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