zurück IX c  -  Reformationsfest


Gebet nach der Vormittags-Predigt.

   


Gott, du bist heilig in deinen Wegen, und anbetungswürdig in deinen Anstalten zu unsrer Glückseligkeit!

Du sprachst: es werde Licht, und es ward Licht. Du gebot'st, und es stand da — das ehrwürdige Denkmal deiner Weisheit und Güte — das bewunderungswürdige Werk der Kirchen-Verbesserung, zu deren Feyer wir in diesem Tempel versammelt sind. Gekrönt hast du die frommen Wünsche und Gebete der Völker, die der Geistes-Sklaverey, in der sie schmachteten, müde waren. Millionen hast du ihre drückenden Fesseln zerbrochen, und so manches redliche, über die Gebrechen seiner Lage seufzende Herz mit Ruh' und Freude gesegnet.

Bewahre uns, Allgnädiger, was wir gewonnen haben, und laß die reine Quelle, aus der wir schöpfen, nie mehr getrübt werden! Sichere uns die heiligen Rechte, die uns durch dieö Wohlthäter der Vorzeit, die für das größte Kleinod der Menschheit kämpften, und den Baum pflanzten, indessen Schatten auch wir ruhen, zu Theil geworden sind, und erhalte uns die schwer erkämpfte, mit Thränen und Blut errungene Gewissens- Freiheit! Schütze deine Kirche, entrücke sie den Wettern der Trübsal, die über sie Hereinbrechen! Steure dem Aberglauben, und dem Feuer-Eiferer, der alle die nicht in seinem Tempel anbeten, von seinem Herzen, und von deinem Himmel ausschließt, und segne die Gemeine, die Jesus durch sein Blut erworben hat. Verbreite überall Duldung und Liebe! Flöße den Großen dieser Welt Achtung und Ehrfurcht für die Religion ein. Laß deinen Gesalbten, unsern Fürsten und seine geliebte Gemahlin, seine verehrte Frau Mutter und alle Prinzen und Prinzessinnen des Großherzoglichen Hauses im Lichte des Evangeliums wandeln, und deine Boten, erhaben über Herrschsucht, Stolz und Unvertragsamkeit, jeden, der dein Bild trägt, mit Wohlwollen umfassen, Verführte mit Sanftmulh gewinnen, und für Irrende beten! Gib, daß wir alle als Kinder des Tages wandeln, männlich über unserm Glauben kämpfen, und in allen Stürmen, die sich erheben können, unerschüttert stehen, wie Felsen im Meere.

Führe uns, vom Strahl der Wahrheit geleitet, der Vollkommenheit, die unser Ziel ist, immer näher, und laß uns dort, wo Ein Herr und Ein Glaube, Ein Hirt und Eine Heerde seyn wird, in der ewigen Freiheit deiner Kinder frohlocken;    Amen.

 

   

Ein Anderes

   


Vater des Lichtes und der Glückseligkeit! Es ist das ewige Leben, dich den alleinigen und wahren Gott erkennen, und in Glauben und Liebe und Hofnung sich über Erde und Zeit zu dem unvermeidlichen Erbe erheben, das du uns droben bewahrest im Himmel. Dazu wolltest du die Menschen deine Kinder von Beginn der Welt an erziehen; aber aus Staube geboren faßten sie nur langsam und schwer ihre heilige und himmlische Bestimmung, verlohren sie endlich fast ganz wieder aus dem Auge. Verhallt war nach und nach deine frühere Stimme: "Ich bin der allmächtige Gott, wandle vor mir und sey fromm;" und nicht mehr gehört wurde deine spätere Klage: "Bin ich Water, wo ist meine Ehre? Bin ich Herr, wo fürchtet man mich?" Entfremdet von dir, dem Einzigen und Allwaltenden, und entfremdet von dem Heiligen und Göttlichen, das du in die Brust des Menschen zum Streben nach dem Unvergänglichen und Ewigen gelegt hast, gieng endlich jeder seinen Weg, der ihn gut dünkte, und im Schatten des Unglaubens, in der Nacht des Aberglaubens hatten Unsittlichkeit und Laster ihre ungestörte Erndte. Da erschien deine heilsame Gnade in Jesus Ehristus allen Menschen, und züchtigte sie zu verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste. Vom Aufgang bis zum Niedergang kehrte nun deine Ehre, welche sie den Götzen gegeben hatten, wieder an dich zurück; Sünden und Untugenden erhielten das Zeichen der Scheidung von dir und der Freundschaft mit dir an die Stirne; das Gewissen, einst die heilige Stimme im Innern: "Wie sollt' ich ein so großes Uebel thun, und wider Gott sündigen!" trat wieder in seine Rechte, und in die dunkeln Ahnungen der Zukunft fiel das Helle Licht der Offenbarungen und Verheißungen deines Sohnes Jesus Christus.

Doch auch diesen köstlichen Schatz trugen deine Menschen wieder in einem zerbrechlichen Gefäße. Ach! der Sohn der Erde geht nur dann seinen Weg unsträflich und sicher, wenn er sich hält nach deinem Worte; und er geräth in Irr- und Abwege viel verderblicher Art, wenn er die lebendige Quelle desselben verläßt, und sich selbst Brunnen gräbt, die kein Wasser geben. Dein Sohn und Gesandter Jesus Christus halte Worte des ewigen Lebens für alle, aber viel Zusätze anmaßlicher menschlichen Weisheit verhüllten oder trübten das klare Licht derselben. Mild und fruchtbar floß seine Lehre und sein Beyspiel in unsre Heiligung nach deinem Willen, aber sie gieng allmählig unter in viel unlauterer menschlichen Zuthat. Werkheiligkeit bot der Unheiligkeit die dienstfertige Hand, Irrwahn mannichfacher Art befruchtete Beydes, und verlohren — verlohren schien wieder das theure Geschenk deines Sohnes: Anbetung und Heiligung vor dir im Geist und in der Wahrheit.

Deß erbarmtest du dich, Ewiger, Allwaltender! und du sandtest wieder Licht und Leben in das Erstorbene, das mächtige Leuchten der Wahrheit in die todten Werke der Verirrung. Von Ferne her bereitetest du deine Wege dazu, und als die Zeit erfüllet war kam der Geist von dir, der Geist des Raths und der Stärke, der Erkenntnis und der Furcht des Herrn über deine erwählten Werkzeuge, daß sie thaten, was du ihnen gegeben hattest, und ausrichteten, wozu du sie sandtest. Deine Weisheit lenkte ihre Schritte, und deine Kraft war in den Schwachen mächtig. Erkannt wurde wieder deines Wortes göttliches Recht, allein unsers Fußes Leuchte, und das Licht auf unserm Wege zu seyn; und gerettet wurden dem Glauben an dich und das Evangelium von deinem Sohn wieder Lebendigkeit und Thätigkeit in frommen Werken. Auf diesen Felsen gründetest du von Neuem Wahrheit zur Gottseligkeit, und unter seinem Schutze konnten wieder alle Rechte des Geistes und Gewissens, alle heiligenden und beseligenden Kräfte der Religion Jesu frei und freudig gedeihen. Vater, von dem alle gute und vollkommene Gabe kommt! Dafür preißt dich heute ein großer Theil der Christenheit im festlichen Lobgesang, indeß ein anderer deiner Segnungen davon nur im Stillen gedenkt. Auch wir erscheinen mit einem Herzen voll Liebe und feyerlichen Dankes vor dir, und beten: Hilf uns würdiglich wandeln des schönen Erbtheils, das uns beschieden ist. Erhalte uns in ungefärbtem Glauben, und unsre Seelen keusch im Gehorsam der Wahrheit nach deinem Worte. Nimm jedes äussere Opfer der Andacht und Verehrung, das wir dir in Jesu Namen hier und in unsrer stillen Kammer künftig bringen, mit Wohlgefallen an, aber gib, daß wir dadurch auch zunehmen am inwendigen Menschen in Heiligung und Erlösung vom Dienst der Eitelkeit und des vergänglichen Wesens, und auf deine Gnade nur, nicht auf das Verdienst der Werke bauen die Hoffnung des ewigen Lebens! — O! und am kindlichen Sinne zu dir, an der innigen Liebe, womit wir alle Menschen, und alle unsre Brüder, welche sich nach dem Namen deines Sohnes nennen, in Einigkeit des Herzens und des Friedens umfassen, möge es immer und überall erkannt werden, daß wir deines Sohnes wahre, würdige Jünger sind. So erhalte und befördere dein Reich unter uns und auf der ganzen Erde, und hilf uns, fest und unbeweglich in demselben gegründet, treu bewahren, was uns vertraut ist, bis auf jenen Tag.

Jesus Christus! Es ist deine Kirche, die dich hier bekennt und auch da, wo man diesen segensvollen Tag nicht mit uns feyert. Sey bey ihr, wie du es zugesagt hast, alle Tage bis an der Welt Ende. Schütze sie ferner unter allen äussern Stürmen der Welt und Zeit, und bewahre sie vor dem Trug jeder Weisheit, die so gern einen andern Grund legen möchte als den du, Lehrer und, Erlöser von Gott gekommen, gelegt hast.

Hilf deinem Volk, Herr Jesus Christ,

Und segne was dein Erbtheil ist;

Leit' uns durch unsre Prüfungs-Zeit

Den Weg zur frohen Ewigkeit!

Amen.

 

 

 
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