XXXXX   Allgemeine Betrachtungen
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TEXT 73

       

 

Exkurs

Der Ausdruck Landschaft scheint mir aus der Kunstsprache des Malers in das Leben herausgetreten zu seyn. Sie ist dort, was in der Dichtkunst die Idylle, wenigstens zeichnet sie den Schauplatz der Idylle, in begränztem Raum einzelne schöne Naturschönheiten zusammengebracht und sinnig geordnet, und wer weiß, ob sie uns nicht um deswillen so reizend erscheint, weil wir uns unwillkürlich und fast ohne Bewußtseyn ein idyllisches Leben denken.

Aus der Kunst tragen wir diesen Ausdruck in die Wirklichkeit über, und nennen Landschaft iede Gegend die schön genug ist um vor andern, die in einer mäßigen Begränzung den Anblick der nemlichen Gegenstände in einer gleich angenehmen Verbindung, oder was hier einmalig ist in einem Glanz angenehmer Wechsel zeigt,
mit gleichen Gefühlen die Gemüther belebt. Ich überschaue von dem sogenannten Thurmberg* herab eine der schönsten und reichsten Gegenden von Deutschland. Ich weiß nicht wie mir ist. Ich bin mir zu ney in mir selber.

Ich möchte aus mir heraus treten und in dieser herrlichen Weite verschwimmen und zerfließen. Aber ich sehe nicht das, was man eine Landschaft nennt. Ich sehe zu viel. Was ich sehe ist schön, aber nicht malerisch groß, aber nicht idyllisch. Ich stehe in einer Allee des Hardtwaldes.** Hier ist der Raum beschxxx# genug. Der Baum, namentlich die Eiche ist einer der schönsten Gegenstände der Natur. Er ist mir wohin ich blicke, wie durch polyedisches Glas zahllos vervielfältigt. Ich schaue tausendfach die Schönheit die mich schon einfach anzieht. Aber ich befinde mich doch nur in einem Wald und nicht in einer Landschaft. Es fehlt die Mannigfaltigkeitund die schöne Verbindung wechselnde Gegenstände welche der Maler sucht oder kunstreich erfindet.

Aber stellt mich an ein Fenster in einem Zimmer des Badhauses an der Alb.*** Richtet meinen Blick nach Südosten. In dieser Umgebung in dieser erblicke ich eine Landschaft, die sie bietet mir in einer mäßigen Begränzung zwischen anmuthigen Wäldern. Lasst den Künstler der die Idee einer Landschaft auffassen will einen dieser Standpunkte wählen er wird. Landschaft ist also eine malerische Naturscene und sie wird malerisch durch die Begränzung durch das Zusammentretten## und die sonnige Verbindung einzelner Naturschönheiten besonders des Berges des Baches des Baumes.

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Nicht iede Gegend ist eine Landschaft. Sie kann reizend seyn und doch keinen Ansp.[ruch] auf eine L. haben wenn sie nicht in einem begränzten, und leicht zu überschauenden Raum die vorzüglichsten Gegenstände der N. vereinige, welche der ausgebreiteten Gegend ihre Reitze verleihen. Urt###

       

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* Thurmberg, heute Turmberg = Aussichtsberg in Karlsruhe-Durlach,  258 m ü. Meer,
 auf dem Berg befindet sich die Turmberg-Ruine, deren verbliebener Turm als Aussichtsturm dient.

** Der Hardtwald (das Toponym „Hardt“ steht für gemeinsame Waldweide,
Eichelmast- und Holznutzung) ist ein historisches Waldgebiet in der Oberrheinebene zwischen Rastatt und Graben-Neudorf, nördlich und südlich von Karlsruhe.

# = Wort nicht lesbar / unbekannt

*** konkreter Ort nicht ermittelbar

##  = im Autograph '-tretten' entweder '-treten' nach heutigem Usus -
oder ev. ein Schreibfehler - auch '-treffen' würde Sinn machen

### = Der Text endet hier nach 3/4 der Seite - vermutlich abgebrochen
(eine Weiterführung / ein weiteres Blatt ist nicht ersichtlich)

 

 

 
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      Transkription nach dem Autograph (Digitalisat der BLB Karlsruhe S. 262 - 265).

 

Das Jahr ist unbekannt, der Schrift des Originals nach
dürfte der Text nach 1820 entstanden sein.