zurück | Evangelium am Sonntag Septuagesima 1792 | |
Evang. am S. Septuages. Nicht anderst als der Hausvatter handelt noch täglich Gott. Wenn das Leben ein Tag der Arbeit ist, wenn der Tod die Feierstunde ankündigt, wenn die Ewigkeit für Treue u. Arbeit die Belohnung reichen soll, so ist es einerley, ob dort der Hausvatter die Müssigen zu verschiedenen Zeiten an die Arbeit ruft, oder ob der Schöpfer den einen um die 6te, ienen um die 9te, den dort erst nach ausgeduldeter Tages Last u Hitze zur Rechenschaft u. Vergeltung ruft. "Viele sind beruffen aber wenige sind auserwählt." Traurige Worte, wenn sie sagen wollen: es ist der Beruff vieler,
Gottselig zu leben in dieser Welt, aber wenige sind es die sich durch
Erfüllung ihres Berufs Gottes Beifall erwerben. Traurige Worte wenn sie
sagen sollen: die Menschen sind zu einem ewigen Glük geschaffen, aber
wenige werden es finden und gemessen. Gott sey gedankt, das sagt der
sanfte, schonender gutmütige Jesus nicht, der nicht, der gekommen ist zu
den Menschen, daß sie Leben und volle Genüge haben sollen. Was er bey dem
traurigen Anblik dessen, das täglich vor seinen Augen geschah, von
besondern Umständen seiner Zeit, von einer einzelnen Menschenklasse in
Hinsicht auf eigene Vorurtheile zu einer Nation sagt, die sich allein für
beruffen, und eben dadurch auch für unfehlbar erwählt hielt, daß will er
nicht so allgemein ausgedehnt wissen. Ganz anders spricht Jesus wenn er seinen Blik von dem Juden weg über
die ganze Menschheit erhebt.
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