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AN THEODOR FRIEDRICH VOLZ

   

Hochzuverehrender Herr Kirchenrath!

Ich bin so frey, einige Wünsche in Betreff unsres Calenders an Sie zu adressiren und Sie, wenn die Bearbeitung desselben mir ferner will anvertraut werden, um die Unterstützung und Beförderung derselben zu bitten.

1) Der Eifer des Herrn Finanzraths Jägerschmid, die aus dem Verlag des Calenders erspringenden Einnahmen zu sichern und zu erhöhen, ist rühmlich bekannt. Vielleicht aber verleitet ihn ebenderselbe bei Abschließung der Akkorde zu einer Genauigkeit, gegen welche sich die Uebernehmer nur durch schlechte Arbeit schadlos halten können. Der Jahrgang 10 scheint dessen ein martervoller Zeuge zu seyn. Das möglich wohlfeilste ist auch das möglichst schlechte. Aber nur das möglich beste findet den reichlichsten Absatz und belohnt eine liberalere Ausstattung mit einer erfreulichem Einnahme, wie die Jahrgänge 8 und 9 bereits zu schönen Hoffnungen für die Zukunft bewiesen hatten. Ich wünsche daher, daß der Herr Finanzrath Jägerschmid zu etwas liberaleren Akkorden veranlaßt und legitimirt werden möge in dem Maße wenigstens, das erforderlich ist, wenn der Calender nicht nur des zahlreichen ungebildeten und sehr gebildeten Publikums, das ihn nun mit großem Vergnügen list, sondern auch des Verlags, aus welchem er hervorgeht, würdig erscheinen soll.

2) Keines Menschen Werk, wenn er auch darum ringt, kann bey allen Menschen gleichen Beiyfall erwerben. Ich höre, kann es aber nicht beweisen, daß der Calender noch hie und da durch Hatschiere aufgedrungen werde. Ist diese Verfahrungsart in iedermanns Augen so abscheulich als in den meinigen, so wird ohne Zweifel dem Grund des Gerüchtes nachgespürt, und wenn es sich bestättigt, wenigstens die Härte des Bannes gemildert und der Mißbrauch desselben zerstört werden. Wer möchte Verleger oder Verfasser einer Schrift seyn, die auf solche Weise abgesetzt wird, so lange nicht der desperate Hunger als Premier-Consul die Republik seiner Gefühle beherrscht? Dagegen dürfte

3) der etwa durch mildere Maximen verminderte Absatz auf eine andere ehrenvollere Art vortheilhaft ersezt werden können. Der Rastatter und Lahrer Calender sind in allen Avisblättern des Landes breit ausgekündigt. In dem Zeitungsblatt des Rheinischen Correspondenten, der ein großes Publikum hat, finde ich von Zeit zu Zeit auch ausländische Calender angezeigt und empfohlen. Der Hausfreund allein wird, wie absichtlich, in der möglichsten Obscurität, wie fern er sie nicht selber durchbricht, zurückgehalten und wie ein uneheliches Kind vor dem Publikum verheimlichet. Eine Anzeige desselben von Seiten des Verlags namentlich im Rheinischen Correspondenten oder andern im Ausland viel gelesenen Blättern dürfte nicht ohne Erfolg seyn, und wenigstens die Insertionsgebühren wohl wieder decken, und ich wollte nichts gegen die Bekanntmachung haben, von wem die Lese-Articel bearbeitet werden.

4) Euer Hochwürden waren es, wie ich weiß, der vor 3 Jahren von vorgeschlagenen 6 oder 8 fl. für die Mühe der Redaction auf 11 fl. und eine Vermehrung dieses Honorarii bey erwünschtem Erfolg angetragen haben. Ihrer Billigkeit und Ihrem Gefühl für Schicklichkeit übergebe ich es, ob und welchen Gebrauch Sie von nachstehendem machen wollen.

Ich habe mich vom ersten Augenblick an nicht begnügt den Calender blos zu redigiren, und in Parallele mit andern großentheils durch kahle Auszüge aus Zeitungen, Anekdotenbüchern und wässerigen Volksschriften anzufüllen. Ich habe noch ieden Articel selber bearbeitet und dieser Arbeit die nemliche Zeit, den Fleiß und die Stunden der besten Laune gewidmet, die ich irgend einem Werk auf eigenen Namen und eigene Rechnung hätte widmen können, und so leicht alles hingegossen scheint, so gehört bekanntlich viel mehr dazu etwas zu schreiben, dem man die Kunst und den Fleiß nicht ansieht, als etwas, dem man sie ansieht und das in der nemlichen Form um den Beyfall der Gebildetsten zugleich und der Ungebildetsten ringt.

Diese Bemühung von meiner Seite hatte, zwar allerdings von andern günstigen Umständen unterstützt, den Erfolg, daß der Hausfreund aus den ihm als marggrävlich badischen Landcalender lutherischen Antheils angewiesenen Gränzen selber frey und glücklich hinausgeschritten ist. Er wird auch im catholischcnAntheil der Marggravschaft, er wird auch in andern Theilen des Großherzogthums, er wird auch im Ausland bereits, wo er durch Zufall bekannt wurde, in größerer oder geringerer Menge abgesetzt, und ist sonach durch beydes, seinen Gehalt und die Ausdehnung seines Marktes, aus dem Charakter eines in seinem bestimmten Bezirk sich verliehrenden Landcalenders in den Charakter iedes andern schriftstellerischen Verlagsartikels und einer lukrativen Unternehmung übergegangen.

Belieben Sie einzig aus diesem Gesichtspunkt die Billigkeit eines angemesseneren und mit dem seither vermehrten Absatz und Ertrag in einigem Verhältnis stehenden Honorars zumal bey so voll und dicht Bogen zu erwägen, übrigens ganz nach Ihrem eigenen Gefühl diesen Gegenstand zur Sprache zu bringen, oder zu unterdrücken, und nur meinen übrigen 3 Wünschen desto wirksamere Verwendung angedeihen zu lassen. Ich schließe mit der Bezeugung meines vollkommensten Respectes Euer Hochwürden Gehorsamster Dr.

Hebel             

D. 8. Decemb. 1809.

 

 

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