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AN GEORG FRIEDRICH TREITSCHKE

   

Wohlgebohrener Herr

Ihr Schreiben vom Isten Merz habe ich den 10ten desselben erhalten, und weiß die
Ehre sehr zu erkennen, die Sie mir durch die Aufmerksamkeit auf die allemannischen Gedichte und durch die Einladung zu Beyträgen für den Wiener Musenalmanach erweisen. Wenn ich nicht Ursache gefunden hätte, schon zwei frühere Einladungen zu ähnlichen Sammlungen, für deren eine ein Freund von mir sich besonders interessiert, für iezt noch abzulehnen, und wenn nicht die nemliche Ursachen noch vorwalteten, so würde ich mit dem größten Vergnügen mich beeifern, Ihrem Verlangen und Ihrer Erwartung zu entsprechen. Viele Geschäfte und unangenehme Stimmungen, die mit der Art derselben verbunden sind, rathen mir, bis es anders wird, stumm zuseyn für den Gesang. Ich bin kein geübter und fruchtbarer Dichter, der kann, wenn er will. Die Muse wohnt nicht bey mir, sie besucht mich nur, und ich besorge, an ein par Gedichten, die ich schon in die Iris gegeben habe, bereits meinen Beytrag zu den Beweisen gelifert zu haben, daß kein Segen dabei ist, wenn mans in böser Stunde erzwingen will.

Ich bitte Sie, diese Erklärung nicht ungünstig anzusehen und die Versicherung meiner vollkommensten Hochachtung anzunehmen, mit welcher ich die Ehre habe, zu verharren

Euer Wohlgebohren gehorsamster Dr.    J. P. Hebel             


Carlsruhe d. 22ten Merz 1804