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AN KARL FRIEDRICH SIEVERT

   

Lieber, theuerster Freund!

Ich wollte dir auf dein letztes Schreiben nicht eher antworten, bis ich dir wegen Augg.[en] und Hornberg etwas warscheinliches schreiben könnte. Aber bereits mache ich mir Vorwürfe, deine Geduld zu lange aufgezogen zu haben. Ich wußte noch nichts von einer Absicht Ludwigs auf A. Sehr einleuchtend wurde sie mir durch deine Entdeckung, und insofern angenehm als deine Wünsche damit in Verbindung traten. Seitdem war ich auf alles aufmerksam, habe aber bis ietzt noch keine Spur entdeckt, daß so etwas im Werk sey. Vor einigen Tagen war von den einsweiligen Kompetenten um Augg. erst zwei an der Zahl die Rede, Herr St. R. Eichrodt nannte sie selbst. Aber Ludwigs wurde nicht erwähnt. Dies ist alles, Freund, was ich dir auch jetzt noch sagen kann. Erfahre ich später etwas, so werde ich dir unverzüglich schreiben. Wäre es in dieser ungewißen Lage nicht ratsam, dich um Auggen selbst zu melden. Schwerlich wird dir ein älterer in den Weg treten, und wenn dir dann der iüngere L. vorgezogen würde, so würde dir die Erfüllung deines zweiten, aber eigentlichen und so bescheidenen Wunsches um so weniger können versagt werden.

Der Anfang deines Briefes hätte mich fast, oder die Warheit zu sagen, er hat mich betrübt und würde es noch mehr gethan haben, wenn ich mich nicht damit beruhigt hätte, daß er weniger einen Zweifel meiner Freundschaft gegen dich, als einen Beweis deiner großen Freundschaft gegen mich ausspreche. Mein theuerster, dieße alte Liebe soll nicht rosten, und durch keine Zeit und Entfernung abnehmen. So wollen wirs halten, und ich will nicht nur, sondern ich könnte nicht anderst.

Grüße mir deine theure Gattinn, die ich so hoch schätze. Der Himmel vergüte euch bald alle erlittenen Prüfungen auf die für euch erfreuliche Weise. Kein dritter kann daran freudigeren Antheil nehmen als Euer redlicher und ergebenster Freund

Hebel              

CR. d. 4 ten Jul[i] 1818.