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AN HENRIETTE SCHNEEGANS

   

An meine liebe Pathe H. Schnegans                                       [24. März 1812]

Es ist Zeit, liebe Kinder, daß ihr lesen lernt; Man wird älter; das Büchlein, das ich euch dazu schicke und stifte, ist lustiger als die andern, deswegen gönne ichs euch, und doch kann man daraus so gut als aus andern, fromm werden, oder noch viel besser, fromm bleiben, wie ihr, wills Gott.

Uebrigens erkläre ich dich, liebe Pathe, für die alleinige Besitzerinn dieses Schatzkästleins und deine Brüder haben mit meinem Willen nur das Recht, dir daraus vorzulesen. Theile ihnen die Stücke verständig aus, die lustigen und heroischen dem Bruder August; die gemüthlichen und sanften dem Bruder Carl. Wenn euch zu seiner Zeit ein Späßlein darinn gefallen wird, ia, wenn euer Herz die fromme Meinung, die manchmal gar lustig aussieht, versteht, und aufnimmt, und gleich einem Edelstein aus dem Schatzkästlein bewahrt, so hast du einen glücklichen Pathen. Solchen Gefallen erweißt ihr mir wohl. Grüße mir deine Eltern, liebes Kind, und sey deinem Schutzengel wohl empfohlen.

Ich trage dich in meinem Herzen.     J. P. Hebel        

N. S. Für die übrigen guten Eigenschaften eines Lerne und Lesebuchs an Papir und Druck, ist, wie du siehst auch gesorgt. Wer in schlecht gedruckten Büchern das Lesen lernt, dem machen alsdann die besten keine Schwierigkeit mehr. Solches aber war nicht meine Weisheit, sondern des Verlags.