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AN DANIEL SCHNEEGANS

   

Den 28t Vendemiaire 14. [20. Oktober 1805]     

Es wird wohl so kommen, mein Lieber, daß ich diesen Herbst, zwar kein naktes, wegen dem Zahnweh; aber auch kein schwarztapezirtes, und kein angestrichenes Bein über Grinwinkel hinaus bringen werde; denn, bis dorthin will ich das blaue nicht verschwören, wegen dem Sonntagstanzen in diesen lustigen Zeitläuften. Aber ich will des Henkers sein, und zwar des nemlichen der gestern den Rastatter Juden beschnitten hat, wenn ich nicht lieber als Bergschotte zu euch fröhlichen guten Menschen kommen möchte, als gar nicht. Wenn ich nur Eine Abhaltung hätte, so wollte ich sie gleich zu meiner Rechtfertigung darlegen: aber es sind vier. — Daß alle hießigen Schneider, Schuhmacher, Sattler und ich, in militärische Requisition gesetzt sind, um Monturen, Schuhe, Sättel und Kriegslieder für die Badischen Brigaden über Hals und Kopf zu verfertigen, will ich als die 5te nicht einmal in Rechnung bringen, aber damit Sie die übrigen vier, doch nach und nach erfahren, so erwarte ich, in diesen Ferien einen Freund aus Heidelberg, dem ich nicht gern aus dem Weg gehen möchte; die drei andern sind der Art, daß sich ihre Rechtfertigung erst mit der Zeit entwickeln kann. Zürnen Sie mir nicht, ich glaube Ihnen nemlich so werth zu seyn, daß Sie es könnten. Aber ich bin Ihnen auch so werth, daß Sie es nicht thun. Mir hingegen soll es kein Mensch übel nehmen, wenn ich niemand ein gutes Gesicht mache; und alle Mücken, die mir auf Armeslänge nahe kommen todtschlage; die Kriegslieder aber in einem so muthigen Ton dichte, daß sie zur Retirade, die Gott verhüte, noch eben so passend und begeisternd werden zu singen seyn, als zum Aufmarsch. Empfangen Sie gleichwohl meinen herzlichen Dank für Ihre liebe Einladung, die nicht unhonorirt bleiben soll, wenn Gott noch mehr Tage bescheert, und bessere. Meine herzlichen Grüße und Küsse Ihrem Haus, aber nicht den Wänden und Stubenthüren, sondern allem was dazwischen still und fromm, und fröhlich lebt, stickt, strickt, kocht, pocht, auf dem Steckenpferd herum turnirt und an dem Busen der Mutter lächelt, Gott zum seeligen Gruß.

Ihr Hebel