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AN GOTTLIEB LUDWIG JAKOB SCHMIDT

   

HochEhrwürdiger HochzuEhrender Herr Pfarrer!

Es ist mir von Eckerlins äußerm Betragen lediglich nichts mehr bekannt, als Sie bereits von H. K. R. Zandt wissen. Unter den Augen ist er gesittet und artig und den Fleiß, so weit er geboten werden kann, leistet er, wenigstens in meinen Lektionen, und zwar ohne Gebot. Aber schon lange bemerke ich freilich eine Abnahme des innwendigen lebendigen Eifers und der Liebe zu seinen Studien, und vermisse den Grad freudiger Fortschritte, zu dem der blos mechanische Fleiß nicht führen kann. Doch würde mich das alles, hätten Sie mir nicht Eines geschrieben, wenig beunruhigen. Es ist nichts seltenes, daß auch gutgeartete Jünglinge, von denen man viel erwarten darf, eine Zeitlang auf Abwege gerathen und durch eigene Besinnung, durch Zuspruch und Erfahrung gebessert sich bald wieder erholen. Aber das Bedenkliche ist mir, was ich von Ihnen erfahre, sein Betragen gegen die Eltern, nicht nur an sich, sondern auch wegen der Ursache desselben. Denn Unart, Grobheit, Schnodrigkeit des Kindes setzt immer und unfehlbar Schwäche der Eltern und frühe Erziehungsfehler voraus, deren Folgen fast eben so unheilbar sind als die Schwäche selbst. So ein Sohn hat seinen Vater schon lang gemessen und weiß, was er ihm zumuthen kann und wie er zu zwingen ist, und rathen ist schwer.

Wäre dies dis nicht, oder sollte ich mich in meiner Voraussetzung dismal irren, so würde ich kurz rathen, mit dem Knaben keinen Spaß zu machen, und ihm eine Summe festsetzen, mit der er auskommen müsse. Ich rede nicht von dem Geld als solchem, sondern als Subsidium der Liederlichkeit. Was ihm über das anständige Bedürfnis verwilligt wird, ist Einladung zur Befriedigung der Sinnlichkeit. Das erste Trotzen des Jünglings ist nur ein Versuch und wird nur so lange fortgesezt, als es gut thut. Mache der Vater, wenn er ebenso viel Muth als der Sohn hat, einen Gegenversuch und schicke er ihm den ersten unanständigen Brief zerrissen mit ernster darniederbeugender Wortstrafe und gemessener Drohung, etwa durch den Direktor, oder wenn er will, durch mich zurück und zeige er Kraft und Festigkeit, so halte ich es für mehr als blos möglich, daß der Sohn bald andere Saiten aufspannen wird.

Vor der Hand hielt ich es aber auf alle Fälle für viel zu frühe, den iungen Menschen schon zurück zu nehmen. Ich halte ihn für verirrt, aber nicht für verdorben. Noch verdient er Geduld und wir sind ihm gemeinschaftliche Aufmerksamkeit und Bemühung für seine Zurechtbringung schuldig. Die meinige sey hiemit angeboten. Gerne trage ich dazu bei, daß Ihr Zögling, bester Herr Pfarrer, Ihnen einst viel Freude mache. Mit besonderer Hochachtung

Dero gehorsamster D[iene]r      Hebel              

I. Juni [1817].

 

 

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