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Karlsruhe, 7. Dezember 1806      

Ihre Zuschrift, mein verehrtester und lieber Herr Professor, hat mir große Freude gemacht und ebenso der Auftrag, den Sie mir darinn ertheilten, und ich hätte es mir, wenn auch der Herr Maler hier wäre, nicht von ihm abhandeln lassen, dem Großherzogen das anvertraute Paket selber zu überreichen, und ihn merken zu lassen, daß ich Ihr Wohlwollen besitze, worauf ich auch vor einem Fürsten stolz bin. Der Großherzog erinnerte mich zweimal, Sie seines Dankes zu versichern, sprach mit Beifall von den früheren Theilen Ihrer Schrift und vieles von Ihrem schönen Vaterlande. Gewiß freut es Sie auch, daß ich Ihnen rühmen kann, wie gesund und mannhaft ich ihn nach einer harten Krankheit in seinem hohen Alter zum erstenmal wieder gesehen habe. Er wollte mir sagen, wem und welchen Kräften er nächst Gott sein Leben verdanke. Aber, setzte der fromme Fürst mit Rührung hinzu, es kommt alles aus einer Quelle.

Daß mir die Freude nicht zu Theil werden konnte, Sie bei uns in Karlsruhe zu sehen, und daß diese Abhaltung, die Sie erwähnen, Ihr schönes Vorhaben vereiteln mußte, bedauere ich hertzlich. Gott befestige und erhalte Ihre Gesundheit. Gerne wollte ich sagen, daß ich vielleicht vom Frühling hoffen dürfe, was mir der Herbst mißgönnte, wenn ich nur wüßte, ob ich selber im Frühling noch hier sein werde. Es ist mir an einem meiner liebsten Orte, die ich kenne, eine Stelle angeboten worden, in Freyburg. Noch habe ich mich nicht entschlossen. Noch schwanke ich wie ein Uhrenperpendikel zwischen Freyburg, wo ich so viel zu finden hoffe und zwischen Carlsruhe, wo ich gewiß so viel verliere, hin und her. Zu einem rechne ich den Gedanken, um so viel näher zu Ihrer Nachbarschaft hinzurücken, mit ein, wenn schon statt der schönen Insel Reichenau ein so dickes Gebirg in der Mitte ligt.

Seit einer Woche hält unser Landsmann D. Gall hier Vorlesungen über seine neue Hirn- und Schädellehre mit so allgemeinem Beifall, selbst der Aerzte, die ihn besuchen, und unter diesen des rein und tiefblickenden Arztes und Naturforschers Gmelin, daß ich sehr bereue, keinen Antheil daran genommen zu haben. Und in der That scheinen mir seine Vorlesungen aus den Fragmenten davon, die mir letzterer bisweilen mitteilt, sehr lehrreich und seine Beobachtungen äußerst wichtig zu sein, wenn auch das System, das er darauf baut, nicht ganz fest stehen sollte. Ich bitte Sie, theuerster Herr Professor, um Ihr fortdauerndes Wohlwollen und bin mit der hertzlichsten Ergebenheit der Ihrige

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