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AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

 

 

 

     

Heute o, Zenoides, ist Hagsfeld an Ulmer
    
in Hochstetten vergeben worden. Nagel reich-
    
te nicht hin an Alter, noch weniger an
    
Befähigung, da diese Schule wegen der Lahm-
    
heit u. Imbecillität des Pfarrers eines
    
Ma
nes bedarf, der nicht wie der Lan-    
genauer die nemlichen Gebrechen mit
      
ihm theilt. Ich möchte leztern, we
n er    
noch ist, wie war, für vernagelt erklä-
    
ren, we
n er nicht der Nagel selber wäre.    
Ich denke indessen an ihn bei Hochstetten,
    
we
n er an sich gedacht wissen will. Ul-    
mer ließ s. nur translociren. Hochstetten
    
hat Competenz 186 fl. Hagsfeld 197 mi-
    
nus 15 Abgabe, gleich 182, also 4. we-
    
niger als Hochstetten. Die Gemeinde ist
     
übrigens arm. Aber die Väter
    
an Cultus u. die Kinder am Trieb so
    
weit unten, daß N. dort i
mer noch    
weit oben scheinen kö
nte. Da er nicht° in    
das O. L. taugt, da du ihn empfielst,
    
da ich ihm, als meinem ehemaligen
    
Schüler gerne eine Freude machte, obgleich
    
er mir nie eine gemacht hat, so wär
    
es mir lieb, wen ihm Hst. eine Freude    
wäre. Ich bitte dich daher, ihn darüber
    
zu befragen, u. ihm das Wort abzu-
    
nehmen, ob oder nicht. Hochstetten wird
      
zwar ausgeschrieben, allein ich fürchte
    
nicht, daß ihm ältere in den Weg tre-
    
ten, u. wenn er es annehmen will, so
      
bedarf es keiner Meldung, sondern nur
    

   

 

     
deiner Nachricht. Ich wills doch auch nicht ganz um-
sonst thun. Es soll mir auch ein Brieflein
     
v. dir eintragen. Casu, quo,* bitte ich dich um
     
deine etwaigen Vorschläge, wegen Langenau.
      
Da der Brief unter Canzleisigel geht,
      
will ich keine Herzensangelegenheiten ein-
      -
schwärzen, wüßte auch zu diesem Augen-
     
blick keine zur Sprache zu bringen, nicht
      
weil ich keine, sdrn weil ich zu viel habe.
      
Lediglich nichts neues. Möge näheres von euch
      
zu uns ko
men. Der G. H. ist noch nicht da.      
Noch gehen neue Depeschen von hier an ihn.
      

Herzlich
      
                                  Dein
      

13. Mai                                 treuer Freund
                                                   Parm.
      
     
     

Vor Torschluß.
Dieser Tage kam Gen. Franken, Kriegsmini-
      
ster designatus v. Wien hier an unter frem-
      
dem Namen, u. reiste den andern Tag wie-
      
der ab. Man sagt, er habe geheime Aufträ-
      
ge vom G. H. Man sagt auch er habe auf
      
ein Jahr Urlaub, id est** - -  Seine Frau nam
      
er mit. Jedes zu einem andern Thor hin-
      
aus.
      

 
    Aus F. W. Hitzigs Nachlass - bisher weder transkribiert noch veröffentlicht.

Der Brief ist dem Jahr 1815 zuzuordnen, da er am 25. Mai 1815 in einem Brief
(Zentner Nr. 398) schreibt: "General Franken ist wieder hier".

 

Konsonantenverdoppelungen schreibt Hebel mit Reduplikationsstrich:
m = mm ; n = nn
° In vielen Briefen verwendet Hebel diese Ligatur bzw. Abkürzung für 'nicht'.
Sie ist wahrscheinlich vom alemannischen 'nit' abgeleitet.

 

 

Competenz = nichtpfändbare Mittel, die eine Gemeinde zum
                   Unterhalt eines Klerikers aufbringen musste

* =
Casu quo, ein lateinischer Ausdruck, der
      wörtlich in diesem Fall und
      implizit in dem anderen Fall bedeutet

** = id est (lat.) = das ist

Hagsfeld = Dorf bei, heute Stadtteil von, Karlsruhe

Hochstetten = Dorf nördlich von Krhe, im heutigen
                    Linkenheim-Hochstetten aufgegangen


Ulmer = vermutlich Philipp Jakob Ulmer (1781 - 1826),
            Lehrer in Hagsfeld


Nagel = verm. Johann Friedrich Gottlieb Nagel (1790–1855),
            deutscher Priester und Lehrer
 


fl = Gulden (verm. pro Jahr)

G. H. = Großherzog


Imbecillität: Die Krankheitsbezeichnung leitet sich vom lateinischen Wort “imbecillus” ab, in beinahe allen Quellen wird der Begriff Imbezillität als angeborenen oder früh erworbenen Schwachsinn mittleren Grades bezeichnet. (Stangl, 2020)