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AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

Gott tröste Euch meine Lieben, in euren schweren Prüfungen. Ich klage von Herzen mit Euch um den Verlust des guten Kindes, das seinem Großvatter so bald nachzog — wohl an einen friedlichen und seligen Ort, den wir alle suchen, aber euch zu Schmerz und Thränen. Ich will dir, Bester die Trostgründe nicht zur Unzeit aufdringen, die deine Erfahrung, dein Verstand, dein religiöser Sinn und dein Herz dir selber in dem Maß und zu der Zeit zuführen wird, in welcher du empfänglich wirst, durch sie gestärkt und geheilt zu werden. Schon oft bewunderte ich früher die Kraft mit welcher du den Schmerz deiner Schicksale und dich selbst zu besiegen wußtest. Möge sie auch dismal nicht erligen, und Gott gebe es, zum letzten mal in der schweren Prüfung gewesen seyn.

Ich zählte die Wochen in der Hofnung euch im Frühiar wieder umarmen zu können. Auch durch diese Hofnung ein Strich! Sie haben mir das Rektorat aufgeladen, das mich schon um 8 Tage der Ferien durch die Examina bringt. In den nemlichen Ferien muß ich in die neue allerdings sehr schöne Rektoratswohnung einziehen. Mein Einstand ist schwer, indem wir künftige Woche das neue Gymnasium beziehen und viel dazu zu präpariren ist. Noch werden mir gegen die neuen Geschäfte keine alten abgenommen, Ich sammle Stroh und streiche Ziegel zugleich.

Meine Neuigkeit verschlingt mir die andern nach denen du fragst. Die neueste Begebenheit des Hofes ward einen halben Tag lang als Geheimniß in die Ohren geflüstert, erregte einen Tag lang Sensation, und gehört schon lange wieder zum Gleichgültigen. Wer soll hoffen oder fürchten in unserer wechselseligen Zeit? Das Ganze scheint — Freund sagts zum Freund — eine bloße Cabale und Sieg einer Parthei über die andere, zweifelhaft, ob einer besseren über eine schlechtere, zu seyn. Die Prinzessin war sehr frappirt, weinte und betheuerte, daß sie von allem nichts gewußt und nichts veranlaßt habe.

Von den Promotionen ein ander mal.

Gottes Friden besuche euch. Von Herzen Euer redl. Fr.    Hebel             


d. 5ten Febr. [1808]

 

 

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