zurück zur Briefübersicht

 

   

AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

[Anfang — Mitte November 1802]       

Ich benutze ein kleines Intermezzo, um dir mein lieber Zenoides für deine freundschaftliche Bemühung, und für die reichliche Ausbeute, die nur auf eine so thätige Verwendung folgen konnte, bestens zu danken. Es hat gut ausgegeben, zumal da Engler und Günttert deinen Greis so nahe beengten, und gibt im ganzen besser aus als ich zu hoffen wagte, da die Schweitz für mich, wie für sich selber scheint verlohren zu sein.

Müller in Friesenheim hat 3 vortreffliche Melodien gelifert. Hans und Verena, ganz charakteristisch. Freude in Ehren, recitativ nach meinem Gefühl vielleicht etwas schwer und nicht Volksmäßig, aber von außerordentlicher Wirkung. Der Wächterruf unick, lieblich. Eine Vierte für den Morgenstern, in Colmar verfaßt, deren Verfasser ich nicht weiß, habe ich auch die Erlaubniß zu benützen, und sie darf sich neben jenen produziren.

Heute hab ich das vielgeleckte, vielleicht schon wundgeleckte Wälderbüblein aus der Wundschau der Censur unscalpirt zurückbekommen. Es gienge mornderigstags in die Presse, wenn ich nicht noch auf einen Brief von Engler wartete. Makl[ott] macht nemlich schon Stempereien, und steigert mir das Ries Papir, das er zu 4 fl. versprochen hatte, mit einmal auf 5. Sagt es kostt's ihn selber von Höfen aus, und sein Bruder flucht Stein und Bein darauf, so oft er ihn drumm ansieht. Ists so, so soll mich der Zuschuß nicht reuen aber übertölpeln möcht ich mich von Maklott nicht lassen.

O die heiligen Buchen, und o die dämmernden Halden, und der Wolkenverwandte Altar, und der schweigende See, und die Oechslein umher, und das alternde Bebi und der dreckige Drechdu, und Carolisens Laube, und alle Zeugen unseres freundlichen Beysammenseyns und unserer lieblichen Thorheit! Warum bin ich nicht mitgekommen? Warum? Weil mich Desegelesgeinets Bande halten, weil ich im Schatzwäldgen (du hast ia Wucherers Relation darüber in der Zeitung gelesen) herumgeistete, und das hinzugelogene Schwefelquell'gen suchte, und auf Rüppurs Spätiahrsfluren Brach-Rüebgen fraß — ich Schwabenhammel!

Aber soll die Sonne, die iezt alle Abend tiefer und gerötheter in die Wolken sinkt, noch einmal steigen, und ich will ewig ein Schwabenhammel bleiben, und mit dem Pfeddelbacher an einer Suppe fressen und aus einem Kübel saufen, wenn ich nicht komme, und den Frühlingsthau von den Buseröris des Altars lecke, und mich Widergebohrnen und Enthammelten in deine heilige Priesterarme werfe.

Der gute Buchhalter Bommer! Er ruht auch schon in der heilenden Erde. Du kanntest ihn und seine trostlose Gattinn, ihre zarte Liebe, ihren Werth, und die Umstände zu wenig, um fühlen zu können, was die Vorsehung durch seine Wegraffung für ein Räthsel zu lösen gab. Doch, Ihr Guten, tragt ia auch so ein Räthsel im Herzen herum.

Ich umarme und liebe Euch!       J. P. H.          

 

 

  zurück zur Briefübersicht