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AN CHRISTOF GOTTFRIED HAUFE

   

Bald ist es Zeit, theuerste Freunde, daß wir gegenseitig erfahren, ob wir denn auch alle wieder daheim sind. Ich bin zu Hause, aber daheim nicht. Ich könnte es im B[ühler] Thal werden, wenn Sie immer bei mir wären. Ich habe während meiner Heimreise von dem PseudoDomänenverwalter weg bis nach Hause einen unaufhörlichen langen Brief an Sie geschrieben. Es könnte eine lange StreckZeile werden, wenn ich sie abschriebe. Allein ich schreibe nie einen vorhergedachten Brief, weil ich mir vorkomme als wenn die Abschrift nur noch aus dem Gedächtniß nicht mehr aus dem Gemüthe käme. So ist Ihnen schon mancher nicht zu Hand und Gesicht gekommen, und mancher kürzer ausgefallen, als ich wollte, wie dieser, weil das böse Schreiben mehr Zeit und Mühe erfordert, als das Denken mit Liebe und das Zwei- oder Dreigespräch in der poetischen Vergegenwärtigung. Sie antworten mir ia immer freundlich und lieb auf meine Reden, und beurtheilen meine Urtheile — immer günstig, weil ich die Ihrigen selber mache. Kurz, wir kommen immer sehr gut miteinander aus, und Sie werden mir immer lieber, ie länger ich bei Ihnen bin, denn das ist eine Fratze, wenigstens eine Phrase, mit der man sich gegenseitig einseift, daß man meint, man könne sich nimmer mehr werthschätzen und lieb haben. Die Liebe ist unendlich.

Schreiben Sie mir nun bald, daß Sie innsgesammt gesund und froh seyen. Mögen Sie es mir mit dem freudigsten Ausdrucke schreiben können. Seyen Sie und Ihre Lieben, die auch die meinigen sind, herzlich gegrüßt. Unwandelbar Ihr aufrichtiger Freund

Hbl.                

27. Oktob. [1823].


Der erste Theil der biblischen Geschichte ist gedruckt, wird aber erst mit dem 2 ten — iedoch in wenigen Wochen ausgegeben.