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AN CHRISTOF GOTTFRIED HAUFE

   

Liebe Freunde!

Ich bin nicht nur noch immer Ihr alter Freund, sondern ich werde täglich noch älter und gebrechlicher, wie mir H. Stuber bezeugen wird, vor dem ich zwar die Krücke verborgen habe, theils weil ich sie selber noch für Luxus halte, theils weil ein Hinkender besser hinkt ohne als mit Krücken. Denn was man seyn soll, muß man ganz seyn. So viel zu der Vermuthung des H. Haufe, daß ich noch der Alte sey. So etwas muß man für Spaß nehmen und mit einem Spaß, wie man ihn gerade haben kann erwiedern, sey er auch was man selber ist, ein lahmer.

Aber durch welches trübe Glas o mein Thurn, und von welchem nebelumflossenen Namensbruder herab schauen Sie über den Rhein herüber. Ich versichere Sie daß man, wenigstens hier recht frei und froh sich bewegt, und spricht, und denkt ohnehin. Doch fast sollte ich auch hierauf mit einem Spaß antworten, z.B. ob Sie der Carlsruher Zeitung etwas ansehen, daß sie verschwiegener oder uninteressanter geworden wäre. So viel von der Preßfreiheit. Die Freßfreiheit, liebe Frau Gevatter üben auch hier zu Land die Marder noch mit passabelm Appetit aus. Man muß leben und leben lassen, wenigstens die Marder wenn auch nicht die Hüner, die große Raisonneusen sind, und sich für die par Eier, die sie zum Wohl des Staats beitragen, wohl mit der Denkfreiheit begnügen könnten. H. Stuber wird Ihnen mündlich referiren. Ich werde alles gerne thun. Auch für die Witwe was möglich ist. Selbst den Langenbrander vergesse ich nicht. Da Sie die Souverainität in einem wichtigen Theil von Kleinstrasb. so glücklich errungen haben, so ist es billig, daß wir diesen Stiel auch einmal umkehren, nemlich unser Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten.

Grüßen Sie von mir das liebe Schneegansische Haus und alles, was Sie mit Liebe an das Herz drücken, absonderlich in den Souverainitätslanden.

Von Herzen Ihr    Hbl.               

1. Febr[uar 18]20.