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CHRISTIAN GOTTFRIED FRANTZ

   

13. Oktober 1806      

... Auch bei uns ist, im gegenwärtigen Augenblick wenigstens, der Mangel an Candidaten so groß, als noch vor wenigen Jahren die Ueberzahl derselben lästig und bedenklich war. Eigentlich liegt der Grund, wenigstens bey uns, nicht in der ietzigen Zeit, sondern in der Unsicherheit der ehemaligen Revolutionszeit. Damals wurden die Kinder dem theologischen Studium entzogen, die ietzt als Männer fehlen ... Es scheint mir, es herrsche in den Berufswahlen, auch abgesehen von den allerdings oft bedeutend influirenden Zeitumständen, das nemliche Gesetz, wie in allen andern menschlichen Dingen. Nur durch unaufhörliches temporäres Schwanken wird das Gleichgewicht im allgemeinen und ganzen erhalten. Die Lieblingsfächer, die iezt allgemein gewählt werden, werden bald übersät sein, während die verlassenen ihren wenigen Candidaten schnelle Versorgung gewähren, und dann wird wieder die ganze Fluth der nachwachsenden Jugend, zumal unter günstigeren Aspecten von außen, an denen wir auch nicht verzweifeln wollen, sich hier herüber wenden. Mögen wir doch bald auch unter den politischen Schwankungen unserer Tage dieses schöne Gesetz anerkennen können ...

 

 

   

Einziges erhaltenes Fragment aus dem umfangreichen
Briefwechsel zwischen Frantz und Hebel