zurück
 

46. Die Verleugnung des Petrus.

Jetzt führten sie den Herrn noch in der Nacht vor Kaiphas, den Hohenpriester, wo auch schon einige andere Priester und Ratsherren versammelt waren und auf ihn warteten. Sie hielten ein kurzes vorgängiges Verhör über ihn, daß sie wüßten, wessen sie ihn beschuldigen wollten, und daß sie einig wären in ihrem Urteil, wenn am folgenden Morgen das Gericht über ihn gehalten würde.

Sie wurden einig in ihrem Urteil, daß er sterben müsse, weil er bekannt hatte, er sei Christus, der Sohn Gottes. Denn das nannte der Hohepriester mit scheinheiligem Entsetzen eine Gotteslästerung.

Aber wer stand unterdessen in dem Vorhof des Hohenpriesters unter den Gerichtsdienern und dem Gesinde? Petrus und noch ein Jünger waren Jesu von ferne wieder nachgefolgt bis in den Vorhof des Palastes, daß sie sähen, wie es ihm ergehen werde. Sie glaubten, es würde sie, zumal in der Nacht, niemand erkennen. Als sie aber dastanden und sich wärmten bei einem Kohlfeuer und der Schein davon das Angesicht des Petrus erhellte, faßte ihn eine Magd des Hohenpriesters ins Auge und erkannte ihn. Sie sprach zu ihm: »Auch du warst mit dem Jesu von Galiläa.« Da überlief den Jünger plötzlich eine Furcht. Er leugnete mit den Worten: »Ich weiß nicht, was du sagst.« Es sprach eine andere Magd, als sie ihn erblickte: »Dieser war auch mit dem Jesu von Nazareth!« Petrus leugnete zum zweiten Male und schwur: »Ich kenne den Menschen nicht.« Nach einiger Zeit — es ging schon dem Morgen entgegen — sprachen mehrere der Anwesenden: »Wahrlich, er war auch dabei.« Ja, es fragte ihn einer von den Gerichtsdienern ins Gesicht: »Sah ich dich nicht im Garten bei ihm stehen?« Da beteuerte Petrus in der Angst zum drittenmal: »Jch kenne den Menschen nicht.« Bald darauf krähete der Hahn.

Unterdessen hatten die Diener Jesum ebenfalls in den Vorhof geführt, daß sie, bis der Tag käme, ihn bewachten. Es geschah unter den ungerechtesten Mißhandlungen. Als aber der Hahn krähte, wandte Jesus sich um und schaute den Petrus an. Da gedachte der Jünger an die Worte seines Herrn: »Ehe der Tag kömmt, wirst du mich dreimal verleugnen.« Es ging der arme Jüngers mit verhülltem Angesicht hinweg und beweinte seine Vermessenheit und seinen Fall in bittern Tränen. Er konnte nicht mehr mit Jesu reden und die Schmerzen seiner Reue vor ihm ausweinen. Aber Jesus kannte seinen Jünger doch. Der Himmlische sieht in das Herz.